Es sind drei kleine Gemischtwarenläden in Genf, deren Geschäftsführer Bussen von je 400 Franken erhalten haben wegen Falsch-Registrierung von Sim-Karten. Mit ihnen hat der Dienst für Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Üpf) beim Bund erstmals von seiner neuen Strafkompetenz gebraucht gemacht, über die er seit Einführung des revidierten Überwachungsgesetzes Büpf verfügt.
Jetzt zeigt sich, von welchem Anbieter die Prepaid-Sim-Karten stammen: Lycamobile, internationaler Telekomkonzern, Mutterhaus in Grossbritannien – mit seinen blauen Logos ist Lycamobile an Ladenfenstern in Quartieren vieler Schweizer Städte präsent.
Provider in der Pflicht
Die Lycamobile AG selbst wird mit den Strafentscheiden nicht gebüsst. Die Pflicht zur korrekten Registrierung liegt in erster Linie beim Wiederverkäufer. Doch könnten künftig wohl auch die Anbieter, die sogenannten Provider in die Pflicht genommen werden, sagt Nils Güggi, Sprecher des Dienstes Üpf zur «Tagesschau». «Ganz grundsätzlich sind die Möglichkeiten, die wir mit dieser Verwaltungsstrafkompetenz erhalten haben, nicht beschränkt auf die Falsch-Registrierung von Sim-Karten. Es gibt auch andere Straftatbestände und da ist es durchaus denkbar, dass auch ein Provider an sich mal in den Fokus gerät.»
Wie gut informiert der Weltkonzern?
Einer der gebüssten Ladenbesitzer in Genf sagte der «Tagesschau», er habe gar nicht genau gewusst, wie er die Sim-Karten registrieren müsse. «Ich war nicht so gut über diese Registrierung informiert. Wenn wir eine Sim-Karte aktivierten, haben wir das einfach im Computer eingetragen. Wir haben den Ausweis kontrolliert, aber keine Kopie gemacht. Das hielten wir nicht für nötig.»
Für Lycamobile gehört der Verkauf von Prepaid-Karten über kleine Gemischtwarenläden zum Geschäftsmodell – doch wie gut informiert der Weltkonzern die Wiederverkäufer über ihre gesetzlichen Pflichten? Welche Systeme zur Kontrolle unterhält er? Diese Fragen bleiben unbeantwortet. Auf Anfrage der «Tagesschau» wollte sich Lycamobile nicht äussern.
Problem bei den Ermittlungen
Für Staatsanwälte wie den St. Galler Jan Duttweiler sind falsch registrierte Sim-Karten seit Jahren ein Problem bei den Ermittlungen, wie er letzten Sommer in der Sendung «10vor10» sagte: «Wenn wir einen Drogenhändler ermittelt haben und auf eine Nummer gestossen sind, wir natürlich den Benutzer dieser Nummer identifizieren möchten, wenn Sie dann auf Hans Muster aus der Mustergasse in Musterhausen stossen oder Donald Duck am Sonnenstrand, was kein übertriebenes Beispiel ist, dann gelangen Sie schnell mal in eine Sackgasse. »
Auf die Nachfrage, ob Lycamobile eine Firma sei, die besonders negativ auffalle, sagte er: «Ja, das kann man so sagen. »
Bund hat neue Strafmöglichkeiten
Lycamobile fällt heute erneut auf – nicht das erste Mal: Schon 2016 tauchten falsch registrierte Prepaid-Karten von Lycamobile in einem Prozess wegen Drogenhandels auf. Und 2018 sassen Lycamobile Schweiz und ihr Geschäftsführer selber auf der Anklagebank, sollen indirekt den Drogenhandel unterstützt haben. In allen Fällen resultierten Freisprüche für Lycamobile.
Mit den aktuellen Bussen fällt Lycamobile wieder auf. Doch inzwischen verfügt der Bund über die neuen Strafmöglichkeiten – und so könnte die Firma künftig stärker unter Druck geraten.