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Falsch registrierte SIM-Karten Staatsanwaltschaft klagt gegen Lycamobile Schweiz

Prepaid-Karten sollen von Drogenhändlern missbraucht worden sein. Jetzt gerät der Telekomanbieter ins Visier der Justiz.

Beim Bezirksgericht Zürich ist eine Anklageschrift eingereicht worden, die es in sich hat: Angeklagt ist Lycamobile Schweiz sowie deren Geschäftsführer. Hintergrund der Anklage sind falsch oder ungenügend registrierte Prepaid-SIM-Karten. Das Bezirksgericht bestätigte auf Anfrage von «10vor10» den Eingang der Anklageschrift. Die Oberstaatsanwaltschaft Zürich, die das Strafverfahren führt, äusserte sich nicht zu Details.

SIM-Karte

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Eine SIM-Karte ( S ubscriber I dentity M odule) ist ein Chip auf einem Kunststoffstück, dass in ein Mobilgerät (Handy, Smartphone, Tablet- und Notebook-Computer) gesteckt wird und eine Drahtlos-Verbindung über das Mobile-Netz aufbauen kann. Die Karte dient zur Identifikation des Nutzers bzw. Geräts.

Gegen Lycamobile Schweiz und den Geschäftsführer werden offenbar mehrere Anklagepunkte vorgebracht: Gehilfenschaft zu Drogenhandel, mehrfache Urkundenfälschung sowie der Verstoss gegen das Fernmeldegesetz.

Hintergrund sind offenbar mehrere Strafverfahren gegen mutmassliche Drogenhändler, bei denen wiederholt Mobilgeräte mit Prepaid-SIM-Karten aufgetaucht sind. Die Karten waren falsch registriert worden, etwa auf Phantasienamen. Neben anderen Telekom-Anbietern ist dabei Lycamobile negativ aufgefallen.

Personendaten sind Vorschrift

Lycamobile wollte sich gegenüber «10vor10» nicht zu den Vorwürfen äussern. Man werde dann vor Gericht Stellung beziehen, teilte der Anwalt des Telekom-Anbieters mit. Der Marketing-Chef sagte lediglich, man arbeite daran, vor allem mit den Zwischenhändlern in Quartierläden die Registrierungen zu verbessern.

In der Schweiz sind Verkäufer von SIM-Karten verpflichtet, die angegebenen Personendaten mit einem Ausweis zu überprüfen und diese zu registrieren. Ist hingegen die Registrierung gefälscht, kann das Kriminellen helfen, etwa für den Drogenhandel.

Bei der Staatsanwaltschaft St. Gallen ist Jan Duttweiler für Ermittlungen im Drogenhandel zuständig. In das Verfahren in Zürich gegen Lycamobile ist er nicht involviert. Im Interview mit «10vor10» erläutert er aber das Problem, dass sich Ermittlern wie ihm in der ganzen Schweiz ähnlich stellt: «Bei Drogenermittlungen sind 80 bis 90 Prozent der Einträge, die wir kontrollieren falsch. Also absolut falsch oder einfach ein falscher Name, falsche Adresse oder es ist kein Ausweis hinterlegt worden.»

Bislang gab es nur Abmahnungen

Die Pflicht zur Registrierung der Personalien besteht in der Schweiz schon seit 2004. Harte Sanktionsmöglichkeiten fehlten aber bisher, bestätigt Nils Güggi. Er ist Leiter der Rechtsabteilung im Dienst für die Überwachung Post- und Fernmeldeverkehr (Dienst ÜPF).

Gegen fehlbare Telekom-Unternehmen hat der Dienst ÜPF bisher einzig Mahnungen aussprechen können. So auch gegen Lycamobile, erklärt Güggi. Offenbar ohne zufriedenstellendes Resultat, denn jetzt hat sich die Staatsanwaltschaft Zürich entschieden hat, strafrechtlich gegen Lycamobile vorzugehen.

Für das Unternehmen Lycamobile und den Geschäftsführer gilt die Unschuldsvermutung. Der Prozess wird für Sommer 2018 erwartet.

Künftig soll es aber nicht mehr nur bei Abmahnungen bleiben – seit dem 1. März kann der Dienst ÜPF neu Sanktionen aussprechen in Form von Bussen bis hunderttausend Franken. Das gilt aber ausschliesslich für gefälschte SIM-Karten-Registrierungen nach dem 1. März.

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