Kinderzulagen, Familien-Ergänzungsleistungen, Abzüge für externe Kinderbetreuungskosten, Elterntarif: Familien mit Kindern werden auf vielfältige Weise finanziell gefördert, je nach Kanton anders. Welcher Wohnort für Familien am interessantesten ist und wo die Fördermassnahmen am spärlichsten ausfallen, lässt sich so absolut nicht sagen. Zu viele Faktoren spielen eine Rolle.
Einen Ansatz zum Vergleich bietet eine Steuerstatistik der Eidgenössischen Steuerverwaltung. Sie bezieht kantonal unterschiedliche Abzüge in ihre Modell-Berechnungen ein. Für eine alleinerziehende Person mit zwei Kindern etwa liegen die Steueroasen demzufolge in den Kantonshauptorten Basel, Chur und Liestal. Dort bezahlt diese dreiköpfige Familie dank verschiedensten Abzügen auch bei einem Bruttoeinkommen von 70'000 Franken noch gar keine Steuern.
Basel: Gleiches Einkommen, mit oder ohne Kinder
Im Kanton Baselland sei das die Folge einer Steuersenkung vor einigen Jahren, von der vor allem Familien profitierten, erklärt Katrin Bartels. Sie ist Leiterin der kantonalen Abteilung Familie. «Wir denken finanziell können wir zeigen, dass es den allermeisten Familien gut geht. Im Familienbericht konnte eine sehr hohe Zufriedenheit festgestellt werden, bezüglich den finanziellen Verhältnissen, welche die Familien im Kanton antreffen.»
Der Bericht des Kantons Baselland belege, dass die Steuersenkungen wirkten und zeige, dass Ehepaare mit und ohne Kinder im Durchschnitt über ein gleich hohes Einkommen verfügten. Unter anderem dank Steuerentlastungen bleibe Familien mit Kindern am Ende des Monats also gleich viel Geld zum Ausgeben, wie Paaren ohne Kinder.
Solothurn hilft Familien mit Ergänzungsleistungen
Am anderen Ende der Steuervergleichsstatistik steht Solothurn. Die genau gleiche Familie, die in Liestal eine Null auf der Steuerrechnung vorfindet, zahlt in Solothurn über 2000 Franken. Dafür greift Solothurn Familien mit knappen Finanzen mit Ergänzungsleistungen bis zu rund 12'000 Franken pro Jahr unter die Arme: Geld, das Lücken im Familien-Budget schliessen soll.
Diese Beiträge führte der Kanton Solothurn nach einer Volksabstimmung 2010 als erster in der Deutschschweiz ein. Seither habe sich gezeigt, dass es ärmeren Familien besser gehe, weil ihre Geldsorgen nicht mehr so schwer wögen, erklärt die Leiterin des Solothurner Amtes für Soziale Sicherheit, Claudia Hänzi. Die Familien könnten sich so besser den Kindern zuwenden und an der Zukunft bauen. «Die ganze Stabilität in den Familien hat sich verbessert.»
Familien-Ergänzungsleistungen zahlen neben Solothurn bislang drei weitere Kantone. Kantonal unterschiedlich sind auch die Mindestansätze bei den Familienzulagen, über deren Steuerfreiheit am 8. März abgestimmt wird: Sie reichen vom gesetzlichen Minimum von 200 Franken bis zu 400 Franken in Genf.
«Unterschiedliche Modelle zunehmend fragwürdig»
Da zeige sich der Nachteil des Kantönligeistes, sagt Giuliano Bonoli, Professor für Sozialpolitik an der Universität Lausanne. Obwohl ein Bundesgesetz die Familienzulagen regle, sei das System für die Bezüger kompliziert: Etwa wenn Eltern in einem anderen Kanton arbeiten, als sie wohnen, oder auch für Patchwork-Familien.
In einer Zeit, in der die Mobilität zunehme und neue Familienformen wichtiger würden, seien derart unterschiedliche kantonale Fördermodelle zunehmend fragwürdig, so Bonoli. Die Gleichbehandlung werde so gravierend verletzt, stellte eine Nationalfonds-Studie vor zehn Jahren gar fest. Umgekehrt ruft der Professor auch die Vorteile des Föderalismus in Erinnerung: Jeder Kanton fördere Familien nach seinem Bedürfnis.
Kantönligeist hin oder her: Auf die Lust, eine Familie zu gründen, scheint er sich kaum auszuwirken. So war die Geburtenziffer 2013 in Appenzell-Innerrhoden am höchsten, während der Kanton Baselland fast das Schlusslicht bildet – ausgerechnet jener Kanton, bei dem Familien gemäss Steuerstatistik am meisten profitieren.