Im Parlament stimmte die FDP noch für den Familienartikel. Bund und Kantone sollten dafür sorgen, dass Beruf und Familie besser miteinander vereinbar sind.
Keine «Staatskinder»
Nun hat sie einen Gesinnungswandel vollzogen. Die Konferenz der kantonalen Parteipräsidenten am Freitagabend lehnte den neuen Verfassungsartikel mit 18 zu 6 Stimmen bei einer Enthaltung ab.
Politikwissenschaftler Michael Hermann ist überzeugt: Der FDP-Schwenker ist die Folge der Nein-Kampagne der SVP. Man beobachte häufig, dass eine Vorlage in der Kampagnen-Phase ideologisiert und aufgeladen werde. «Die SVP hat den Familien-Artikel als ‹Staatskinder-Artikel› verkauft», erklärt Politologe Hermann. Dies habe Druck auf viele FDP-Exponenten ausgeübt. Eine Partei, die sich als liberal verkaufen wolle, könne sich nicht für «Staatskinder» aussprechen.
Die zwei liberalen Gewissen der FDP
Einerseits wolle sich die FDP als modern und progressiv in Gesellschaftsfragen positionieren: Frauen sollen arbeiten können. Dazu sei der Familien-Artikel hilfreich, und deshalb hätten sich viele, insbesondere die FDP-Frauen, auch dafür ausgesprochen.
Andererseits gehe es auch um Staatseingriffe, denen die FDP traditionell eher kritisch gegenüberstehe. Der Artikel habe das «staatskritische Gewissen» der FDP angesprochen. «Mehr Freiheit, weniger Staat», lautete der alte Parteislogan.
«Diese zwei Welten prallen hier in voller Vehemenz aufeinander», sagt Hermann.