Seit 2017 erhält der Elternteil, der das Kind betreut, als Ausgleich für den Einkommensverlust vom anderen Elternteil einen Unterhalt. Und zwar unabhängig davon, ob die Eltern verheiratet waren.
Mit diesem «Betreuungsunterhalt» wollte das Parlament verhindern, dass Kinder nicht verheirateter Eltern mangels Ehegattenunterhalt benachteiligt werden. Die Umsetzung hat die Politik allerdings weitgehend der Praxis überlassen.
Schwierige Berechnung
Nach einem anfänglichen Chaos, als der Unterhalt je nach Kanton unterschiedlich berechnet wurde, hat das Bundesgericht klärende Urteile gefällt und eine einheitliche Berechnungsmethode für die ganze Schweiz festgelegt.
Grundsätzlich hat sich die Einführung des Betreuungsunterhalts für alle Kinder bewährt.
Die Einführung des Betreuungsunterhalts für alle Kinder habe sich grundsätzlich bewährt, bilanziert Diego Stoll, Anwalt für Familienrecht. Die Umsetzung in der Praxis habe allerdings dazu geführt, dass die Unterhaltsberechnungen insgesamt nach heutigem Recht viel komplizierter seien als früher.
Falsche Anreize
Doch nicht alle finden das neue System gerecht. Bei einer Umfrage von SRF bei getrennten Eltern sowie Organisationen kamen Anreize zum Vorschein, die bei der Revision wohl kaum gewollt waren. So ist laut Gerichten zum Beispiel kein Betreuungsunterhalt geschuldet, wenn der allein betreuende Elternteil – meist die Mutter – mit einer Teilzeitarbeit das Existenzminimum sichern kann. Sie erhält also kein Geld für ihren Lohnausfall durch Betreuung.
Diese Rechtsprechung führt dazu, dass man einer gutverdienenden Mutter aus finanzieller Sicht fast raten müsste, entweder ganz zu Hause zu bleiben oder die Kinder Vollzeit in Fremdbetreuung zu geben. Denn wenn sie Vollzeit arbeitet, hat sie einen vollen Lohn – und an der teuren Kinderkrippe muss sich der Vater via Barunterhalt beteiligen.
Für Geringverdienende wiederum schafft der Betreuungsunterhalt einen Anreiz, die Kinder möglichst allein zu betreuen – ohne den anderen Elternteil.
Meine Ex-Freundin will die Obhut des Kindes nicht teilen, weil sie dann keinen Betreuungsunterhalt mehr bekäme.
Ein Vater etwa, dessen Beziehung einige Monate nach der Geburt des Kindes in die Brüche ging, erzählt, dass seine Ex-Freundin möglichst nicht arbeiten wolle und sich aus finanziellen Gründen gegen die alternierende Obhut sträube: «Meine Ex-Freundin will die Betreuung nicht 50:50 aufteilen, weil sie dann keinen Betreuungsunterhalt mehr bekäme. Sie schiebt unseren Sohn lieber ihren Eltern ab, obwohl ich ihm gerne mehr schauen würde und dafür auch Zeit hätte.»
Das sei ungerecht und auch nicht das Beste für das Kind, betont er. Aber der Richter habe ihn überredet, sich mit dem Besuchsrecht zufriedenzugeben: «Jetzt hat man jahrelang gepredigt, dass Väter engagierter sein und ihre Kinder betreuen sollen – und jetzt, wenn ich das möchte, darf ich nicht.»
Störend: Vermischung von Obhut und Geld
Umgekehrt kann es vorkommen, dass ein gut verdienender Elternteil allein deshalb die alternierende Obhut fordert, um keinen Betreuungsunterhalt zahlen zu müssen. Diese Vermischung von Obhut und Geld ist laut Fachpersonen unbefriedigend.
Auch die Politik hat Probleme erkannt. So schreibt der Bundesrat in der Stellungnahme zu einem Postulat, er sei bereit, die Auswirkungen der Revision des Kindesunterhaltsrechts und der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichts bezüglich Unterhaltsberechnung zu prüfen und Verbesserungsvorschläge aufzuzeigen.
Das Fazit zum Betreuungsunterhalt nach sieben Jahren lautet also: Ziel erreicht – neue Probleme geschaffen.