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Fan-Gewalt Gegen Kollektivstrafen: Fussballfans wollen in Bern protestieren

  • Fussballfans haben zu einer gemeinsamen Protestaktion gegen Kollektivstrafen aufgerufen. Diese soll am Samstag in Bern mit Fans weiterer Clubs stattfinden.
  • Es ist sehr ungewöhnlich, dass Fanszenen mehrerer Clubs gemeinsam auftreten. Sonst betrachten sie sich als Gegner.
  • Der Protestort ist kein Zufall: Der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause ist für manche Fans als Hardliner ein rotes Tuch.

Auf der Homepage der FC Basel-Fan-Gruppierung Muttenzerkurve wird den Behörden vorgeworfen, sie hätten «schweizweit eine Eskalationsspirale in Gang gesetzt, indem sie im Umgang mit Fussballfans auf Nulltoleranz und Kollektivstrafen setzen». Dasselbe stand auf Webseiten von Fans unter anderem aus Zürich, St. Gallen und Luzern.

Beschädigter Bus.
Legende: Das «Corpus Delicti»: Angriffe und Sachbeschädigungen durch YB-Anhänger wie das Demolieren dieses Linienbusses beim letzten Match GC-YB in Zürich wurden mit der Sperrung des Heimsektors am kommenden Samstag bestraft. zVg/Stadtpolizei Zürich

Eine solche Kollektivstrafe ist die Sperrung der Young Boys-Fankurve im Berner Wankdorf-Stadion am Samstag gegen die Zürcher Grasshoppers beim ersten Spiel 2024. Diese Massnahme hat die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren verhängt, wegen Sachbeschädigungen durch YB-Fans in Zürich beim letzten Aufeinandertreffen dieser beiden Clubs.

Auf Kollektivstrafen folgen kollektive Antworten.
Autor: FC Basel-Fan-Gruppierung Muttenzerkurve

An der Protestaktion in Bern sollen neben Fans von YB, GC und FCB auch solche des FC Zürich, aus Winterthur, Luzern, Lausanne, St. Gallen und Sitten teilnehmen, wie in Fan-Foren zu erfahren ist. Damit wären Fans der meisten Clubs der obersten Schweizer Liga präsent. Das wird als Zeichen für die Tragweite des Konfliktes betrachtet.

Dass traditionell rivalisierende Fanszenen zusammenstehen, ist ungewöhnlich. Die Muttenzerkurve erklärt dies damit, dass alle Fans betroffen seien: «Auf Kollektivstrafen folgen kollektive Antworten», heisst es auf der Webseite der Muttenzerkurve. Persönliche Auskünfte bekommen Medien von dieser nicht.

Kaskadenmodell für Strafmassnahmen

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Die Swiss Football League hatte sich mit Clubs, SBB, Polizei- und anderen Behörden abgesprochen und vorgeschlagen, für Fangewalt bei Fussballspielen nach Schwere gestaffelte Strafmassnahmen für alle Kantone gleich festzuschreiben. Dieses sogenannte Kaskadenmodell war Ende September präsentiert worden. Ziel ist die Einführung in der Saison 2024/25.

Massnahmen daraus wurden jedoch in einzelnen Kantonen bereits verhängt, bevor über das Kaskadenmodell entschieden ist. Dies bringt Fan-Gruppierungen auf die Palme, zumal sie bei der Ausarbeitung des Modells nicht einbezogen worden waren.

Das Kaskadenmodell sieht fünf Stufen vor.

  • Stufe eins: Clubs und Fans müssen sich mit den Behörden austauschen.
  • Die zweite Stufe sieht Stadionzutritt nur noch mit Video-Gesichtserkennung vor.
  • Auf Stufe drei wird die Fankurve der Akteure geschlossen.
  • Stufe vier sieht ein Geisterspiel und fünf Spiele auf Bewährung vor.
  • Bei Stufe fünf verweigern die Behörden die Bewilligung für ein Spiel, was eine Forfait-Niederlage für den Heimclub bedeutet. – Personalisierte Tickets sieht der Entwurf nicht vor.

Dem Hooligan-Konkordat von 2012 gehören Basel-Stadt und Baselland als einzige Kantone nicht an. FCB-Fans können dennoch betroffen sein, namentlich von Strafmassnahmen in anderen Kantonen. Das Konkordat ermöglicht unter anderem landesweite Rayonverbote für Fehlbare.

Fussballfans sind schon länger verärgert über Behörden und Liga, denen sie eine ungerechtfertigt harte Linie vorwerfen. Schon der Vorschlag, personalisierte Tickets für die Stadien einzuführen, hatte letzten Frühling Proteste ausgelöst. Jetzt scheint er vom Tisch.

Fouls aus der Amtsstube

Dennoch wird unter Fans inzwischen eine Verschärfung durch Behörden wahrgenommen. Viele verstehen sich als 12. Mann ihres Fussballteams; Fan-Kurven-Sperrungen sind für sie Fouls aus der Amtsstube.

In der letzten Meisterschaftsrunde waren gemäss Muttenzerkurve Spielunterbrechungen wegen Rauch provoziert worden als Protest gegen die harte Linie. Die Muttenzerkurve schreibt, am Freitagabend gebe sie bekannt, was genau am Samstag in Bern vorgesehen ist.

Fanmarsch in Bern.
Legende: YB-Fans marschieren vor dem Cupfinal im Juni 2023 über die Berner Kornhausbrücke zum Stadion. Keystone/Allessandro Della Valle

FCB-Fans haben Zeit, am Samstag nach Bern zu reisen, denn ihr Club spielt erst am Sonntag in Zürich gegen den FCZ. Ob sie das wirklich tun, ist noch offen: In Foren wird orakelt, die Ankündigung könnte bloss die Berner Polizei auf Trab halten wollen – eine solche Finte der FCB-Fans gab es schon gegenüber Luzerner Behörden.

Regionaljournal Basel Baselland, 17.1.2024, 17:30 Uhr ; 

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