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Fehlende Transparenz Immer mehr Lobbyisten hinterlassen «Fussabdrücke» im Gesetz

Viele Akteure reden bei der Ausarbeitung eines Gesetzes mit. Und längst nicht alle tun dies öffentlich. Das zeigt eine Studie.

Die Entstehung eines Gesetzes ist mit einem Eisberg vergleichbar. Ein kleiner Teil davon ist sichtbar, vieles aber bleibt verborgen – etwa wenn Lobbyisten hinter den Kulissen wirken. «Viel zu viele der wichtigen Einflussnahmen von Lobbyisten bleiben bei uns im Dunkeln», sagt der Geschäftsführer von Transparency International Schweiz, Martin Hilti: «Das ist das Problem.»

Bereits wenn die Verwaltung erste Gesetzesentwürfe schreibt, schalten sich Interessenvertreter ein, genauso wie bei Anhörungen von Kommissionen im Parlament. Verschiedenste Lobbyisten hinterlassen so ihre Spuren im Gesetz.

Erfassung der Einflüsse gefordert

«Legislative Fussabdrücke» nennt Transparency International Schweiz diese Spuren, und fordert jetzt in einer Studie : Dieser «Fussabdruck» soll in den Erläuterungen zu Gesetzestexten öffentlich dokumentiert werden.

Dass dies zu einem Übermass an Informationen führen könnte, in dem man sich am Ende vielleicht verliert, glaubt Hilti nicht: «Details müssen nicht erfasst werden. Das ist absolut machbar und verhältnismässig.»

Nach unserem Befund sind die Parlamentarierinnen und Parlamentarier selber die grössten Lobbyisten.
Autor: Martin Hilti Geschäftsführer von Transparency International Schweiz

Wenn Hilti von Lobbyisten spricht, hat er nicht in erster Linie die professionellen Strippenzieher von Verbänden oder Agenturen im Auge: «Nach unserem Befund sind die Parlamentarierinnen und Parlamentarier selber die grössten Lobbyisten.» Das hänge damit zusammen, dass sie insbesondere in den letzten zehn bis zwanzig Jahren enorm viele Nebenmandate angehäuft hätten. «Das hat sich stark verschärft», so Hilti.

Schweiz im Vergleich im Mittelfeld

Insgesamt 2000 Interessenbindungen weisen die Parlamentarierinnen und Parlamentarier selber aus. Auch da brauche es mehr Transparenz – gerade zu den Einkünften. Doch solche Forderungen fanden bislang keine Mehrheit.

Die Schweiz platziert sich so im internationalen Vergleich bloss im Mittelfeld. Dafür spielt sie wirtschaftlich weit vorne mit. Ist also alles gar nicht so schlimm? Es gehe um Grundsätzliches, antwortet Hilti: «Wir müssen aufpassen, dass wir das Vertrauen in die Institutionen nicht verlieren, und dass in der Bevölkerung keine Politikverdrossenheit entsteht.»

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