- Der Prozess wegen eines Tötungsdelikts am Bezirksgericht Weinfelden im Kanton Thurgau ist kurz nach Beginn abgebrochen worden.
- Das Gericht verlangt, dass die Staatsanwaltschaft die Anklageschrift überarbeitet.
«Die Anklageschrift weist relevante Fehler auf und sie stimmt nicht mit der Beweiserhebung im Vorverfahren überein», sagte der vorsitzende Richter zu Beginn der Verhandlung am Dienstagmorgen. Der Tatablauf passe nicht zum Ergebnis der Befragungen. Auch ein rechtsmedizinisches Gutachten widerspreche den Darstellungen in der Anklageschrift.
Was ist passiert? Ein Mann soll vor eineinhalb Jahren mehrere Male auf seine Ehefrau eingestochen und sie gewürgt haben. Obwohl er ihren lebensbedrohlichen Zustand erkannt habe, soll der Mann seine Frau in der Küche zurückgelassen haben, ohne den Notruf zu wählen. Daraufhin habe er sich verhaften lassen. Schilderungen, welche das Gericht ebenfalls hinterfragt.
Staatsanwaltschaft fordert 17 Jahre Freiheitsstrafe
Gemäss Staatsanwaltschaft rief der Beschuldigte erst bei der Kantonspolizei Thurgau an, nachdem er sich sicher gewesen sei, dass seine Ehefrau tot war. Die Staatsanwaltschaft fordert laut Anklageschrift eine Verurteilung wegen Mordes, eine Freiheitsstrafe von 17 Jahren und einen Landesverweis für 15 Jahre.
Seit September 2023 befindet sich der Angeklagte im vorzeitigen Strafvollzug in der Justizvollzugsanstalt Pöschwies im Kanton Zürich.
Verteidigerin verlangte keine Rückweisung
Unterschiede zwischen der Anklageschrift und den Protokollen aus den Befragungen sah der vorsitzende Richter inbesondere bei den Darstellungen, ob die Frau noch lebte, als der Mann sie auf dem Küchenboden zurückliess. Die Verteidigerin des Angeklagten sagte: «Als ich die Anklageschrift gelesen habe, bin ich erschrocken.»
Zentrale Punkte, wie es zur Tat gekommen sei, seien in der Beschreibung ausgelassen worden, so die Verteidigerin. Für eine Rückweisung der Anklageschrift sprach sie sich trotzdem nicht aus. Eine solche verlangte nun aber das Gericht.
30 Tage Zeit für die Staatsanwaltschaft
Für die Thurgauer Staatsanwaltschaft könne es zu unterschiedlichen Auffassungen kommen, wenn es darum geht, die Beweismittel zu würdigen. Die Rückweisung sei überraschend gekommen, sagt Mediensprecher Fabian Mörtl: «Es ist ein aussergewöhnlicher Schritt. Grundsätzlich bleiben wir der Auffassung, dass sich unser geschilderter Tatablauf auch auf die Beweismittel abstützen lässt.»
Das Gericht hat die Staatsanwaltschaft nun aufgefordert, die Anklage zu überarbeiten. Um ein sauberes Verfahren zu garantieren, gebe es keine Alternative, als die Anklageschrift zurückzuweisen, sagte der vorsitzende Richter. «Der Überarbeitung werden wir selbstverständlich nachkommen», sagt Fabian Mörtl weiter. Die Staatsanwaltschaft hat dafür einen Monat Zeit.