In der Abfüllerei der Brauerei Feldschlösschen ist es laut. Gegen 100’000 Flaschen rattern pro Stunde über die Anlagen, werden befüllt verschlossen und für den Vertrieb verpackt.
Stephan Soder ist Sicherheitsvermittler bei der Firma. «Wir hatten häufig Stolper- oder Sturzunfälle oder Ausrutscher auf dem nassen Boden. Mitarbeiter erzählten, dass sie sich beeilen mussten und so Unfälle passierten.»
Sicherheit vor Schnelligkeit
Er habe nachgehakt und gefragt, ob sie wirklich effizienter seien, wenn sie sich verletzten und gar krankgeschrieben werden müssten. Seit Sicherheit vor Schnelligkeit gehe, sei die Unfallrate drastisch gesunken. Von knapp 90 Ereignissen vor fünf Jahren auf noch deren 19 im letzten Jahr.
Aktuell ereigneten sich die meisten Unfälle gar nicht mehr im Unternehmen selbst, sagt Stephan Soder. «Die Hauptunfälle geschehen in Bereichen, wo Kunden beliefert werden. Chauffeure, die in Keller gehen und Treppen steigen müssen.»
Da könnten sie ebenfalls, meist gemeinsam mit den Wirten, bauliche Lösungen finden und auch mitfinanzieren. Wichtig sei aber auch das Bewusstsein dafür. «Ein Mitarbeiter, welcher merkt, dass er die Ware nicht mehr halten kann, entscheidet sich in dieser Zehntelsekunde nicht unbedingt dafür, die Ware loszulassen und fällt somit die Treppe runter.»
Unfällen vorzubeugen verlange ein Umdenken im Kopf, ein Aufräumen mit teils jahrzehntealten Klischees und Glaubenssätzen rund um Leistung und Hektik, ist Unfallexperte Soder überzeugt. Das sei ein aufwändiger Job: «Es gilt, mit den angeeigneten Gewohnheiten zu brechen.»
Anfänglich sei er von der Belegschaft fast belächelt worden. «Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass wir effizienter geworden sind, wenn wir sicher und bewusst arbeiten.» Man dürfe nicht gleich in Hektik verfallen.
Wichtig sei, dass die Vorgesetzten mit dem guten Vorbild voraus gehen würden. Vom unteren Kader bis zum Konzernleiter: «Es geht um mehr im Leben als um Leistung. Es geht um Menschen und deren Unversehrtheit.»
Weniger Hektik, mehr Respekt am Arbeitsplatz. Das zahle sich auch finanziell aus. «Gerade bei Chauffeuren kann ein Schnitt oder eine Prellung dazu führen, dass sie mehrere Tage nicht arbeiten können», so Soder.
Bis 2030 unfallfrei
Bei wenigeren Unfällen würden auch die Versicherungsprämien sinken und so profitiere selbst die Belegschaft von geringeren Abzügen beim Lohn.
Soder ist mit Leib und Seele Sicherheitsvermittler und hat sich hohe Ziele gesteckt. Bis 2030 soll bei Feldschlösschen mit seiner 1200-köpfigen Belegschaft die Zahl der Unfälle auf Null sinken; also kein Schnitt im Finger und kein verdrehtes Knie. «Nur wer an diese Null glaubt, kann sie auch erreichen.» Eben: Kopfsache sei das.