Im März des letzten Jahres, als Sabine D'Amelio ihre Bewerbung als neue Direktorin der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) bei Bundesrat Ueli Maurer einreichte, sah es für die Schweiz finanzpolitisch noch rosig aus. Bei ihrer Wahl im August wusste D'Amelio dann bereits, dass sie vor allem als Schuldenabbauerin wird tätig sein müssen.
Wie kommen wir zurück in die Normalität?
Es brauche eine hohe Sozialkompetenz für diesen Job, sagte Finanzminister Maurer damals. In der Regel sei die Finanzverwaltung unangenehm, da sie den Rotstift in der Hand halte. Ist D'Amelio denn gerne unangenehm?
«Nein, sicher nicht», sagt sie mit einem Lächeln. «Und es ist auch nicht so, dass ich unangenehm sein muss. Aber wir haben die Aufgabe sicherzustellen, dass wir mit den Steuergeldern richtig und sorgfältig umgehen. Im Endeffekt ist es selbstverständlich unsere Rolle, hier auch ein bisschen als Ausgabenwächter tätig zu sein.»
Kontinuität sei ihr wichtig, sagte D'Amelio am Tag ihrer Wahl im letzten August. Dann kam die zweite Corona-Welle und mit ihr weitere Milliardenausgaben des Bundes für Unterstützungsmassnahmen, Impfstoffe und Covid-Tests. Seit 109 Tagen ist die ehemalige Vizedirektorin nun die Direktorin der Finanzverwaltung, und sie muss den Begriff «Kontinuität» mit neuem Inhalt füllen.
«Ja, das Bild hat sich etwas geändert seit meiner Bewerbung. Wir hatten das Glück, bis 2019 kontinuierlich positive Finanzierungsergebnisse zu haben. Wir konnten gleichzeitig auch noch sowohl Schulden abbauen wie neue Ausgaben tätigen.»
Mit der Covidkrise habe sich das Bild jetzt etwas geändert. «Wir haben massive, ausserordentliche Ausgaben getätigt. Wir werden bis zu 30 Milliarden Schulden rückbauen müssen. Mein Verständnis von Kontinuität ist verknüpft mit der Frage: Wie kommen wir zurück in die Normalität?»
Einnahmen machen Mut
Und da gibt es gute Nachrichten von der neuen obersten Hüterin der Bundesfinanzen. Die Ausgaben des Bundes mögen zwar Rekordwerte erreicht haben – auf der Einnahmenseite hingegen sieht es gut aus: «Im Moment sind die Steuereinnahmen überraschend positiv, vor allem was die direkte Bundessteuer anbelangt. Und unsere Finanzpläne sehen ab den Jahren 2023/2024 wieder eine Rückkehr zur Normalität und Spielraum vor.»
Vor allem eines erfüllt d'Amelio aber mit Sorge: Die Entwicklung der Sozialversicherungen. In der Sommersession schlägt die Sozialkommission des Nationalrates ein Modell zur Sanierung der AHV vor, das im Jahr 2030 zu einem Minus von 2.4 Milliarden Franken in der AHV-Kasse führen würde.
Fristverlängerung für Schuldenabbau?
Da verfinstert sich die Miene der neuen Direktorin: «Das sind die grossen finanzpolitischen Herausforderungen für die Zukunft. Die Debatte findet jetzt statt. Wir werden mit dem Resultat umgehen müssen. Je nach dem wird das bedeuten, dass man diese Ausgaben zum Nachteil von anderen Ausgaben sicherstellen wird. Wenn hier zu hohe Ausgaben oder sehr hohe Ausgaben in der AHV vorgesehen werden, werden wir Lösungen finden müssen.»
Wie diese aussähen – da will sich D'Amelio noch nicht festlegen. Und auch bei der Frage, wie konkret denn die 30 Milliarden Bundesschulden abgebaut werden sollen, lässt sie sich nicht in die Karten blicken. Nur so viel verrät sie: «Wir werden dafür die Frist verlängern müssen. Aktuell sind sechs Jahre vorgesehen. Wir werden sicher auf 12 bis 15 Jahre verlängern müssen, um diesen Abbau sicherzustellen.»