Bei grösseren Lücken im beruflichen Lebenslauf läuft die Wiedereingliederung oft besonders zäh. Rückkehrprogramme könnten Abhilfe schaffen. Doch anders als in den USA oder in Grossbritannien gibt es sie in der Schweiz kaum.
Der US-Triebwerkhersteller Pratt & Whitney hat seit einigen Jahren eine Niederlassung in der Schweiz und bietet seit kurzem ein mehrmonatiges Programm für Mütter an, die zurück ins Arbeitsleben wollen.
Anna Paula Luder war die erste Rückkehrerin, die Pratt & Whitney angestellt hat. Die 45-Jährige hat die sechs Monate in sehr guter Erinnerung und lobt die Unterstützung bei ihrem Praktikum unter anderem in der Finanzabteilung. Elf Jahre hatte sich die Ehefrau eines Piloten zuvor um die Familie gekümmert. Zuvor hatte die topausgebildete Business-Frau jahrelang bei internationalen Firmen wie dem Pharmakonzern Johnson & Johnson gearbeitet.
Ich hatte viel Selbstvertrauen verloren. Man fühlt sich unsicher, obwohl man viel weiss und viel Neues lernt als Mutter.
Trotzdem sei der Wiedereinstieg sehr schwierig für sie gewesen, ihr habe das Netzwerk gefehlt: «Ich hatte sehr viel Selbstvertrauen verloren. Man kriegt keinen Lohn, fühlt sich unsicher, obwohl man viel weiss und viel Neues lernt als Mutter. Man glaubt fast nicht mehr an sich selbst.»
Massgeschneiderter Wiedereinstieg
Einen direkten Wiedereinstieg ohne Rückkehrprogramm habe sie sich nicht zugetraut, sagt Anna Paula Luder. Das Rückkehrprogramm habe sie wieder fit gemacht, ohne voll unter Druck zu sein. Sie habe Computer- und Fachkenntnisse aufgefrischt: «Ich spüre nicht mehr, dass ich elf Jahre lang weg war.»
In der Schweiz möchten laut Bundesamt für Statistik gegen 80'000 Mütter zurück ins Arbeitsleben. Brachliegendes Potenziel für eine Wirtschaft, die Fachkräfte braucht. Das Eidgenössische Büro für Gleichstellung von Frau und Mann und die Hochschule Luzern wollen deshalb solche Rückkehrprogramme landesweit etablieren.
KMU im Zentrum
Bisher gebe es erst eine Handvoll Firmen, die das Potenzial systematisch zu nutzen versuchen, sagt Co-Projektleiterin Anina Hille. Dazu gehören das Paul-Scherrer-Institut, Ikea und die Grossbanken UBS und Credit Suisse: «Für Grossunternehmen ist es wegen oft schon vorhandener Strukturen einfacher, ebenso wegen der finanziellen und personellen Ressourcen. Beim KMUs ist es schwieriger.» Das Projekt soll deshalb vor allem KMUs sensibilisieren und unterstützen, solche Programme aufzubauen.
Ohne spezielle Strukturen war es quasi ein Blindflug.
Dass es Einiges an Organisation braucht, hat man auch bei Pratt & Whitney gemerkt: «Ohne spezielle Strukturen war es quasi ein Blindflug», sagt die Juristin Laurie Kaufmann, die die Idee für ein solches Rückkehrprogramm hatte: So habe Anna Paula Luder zu Beginn zu viel Arbeit gehabt, dann wieder zu wenig. Oder es habe die Unterstützung gefehlt. Inzwischen habe man das Programm angepasst.
Richtiger Lohn von Anfang an
Auch der Lohn müsse stimmen, betont Co-Projektleiterin Hille: «Mindestens 80 Prozent des Marktlohnes sind das Mass. Es hat sich gezeigt, dass man sehr loyale Arbeitskräfte gewinnt, die auch lange bleiben, wenn man sie von Anfang an richtig bezahlt.»
Voraussetzung ist natürlich, dass nach dem Programm eine Stelle frei ist. Zahlen aus den USA und Grossbritannien zeigen, dass rund 80 Prozent der Absolventinnen nach einem solchen Programm übernommen werden. Für Anna Anna Paula Luder gab es vorerst keine offene Stelle im selben Büro. Sie kam jedoch für die kommenden Monate bei einer Schwesterfirma unter. Der Anfang ist also gemacht. Sie ist zurück im Berufsleben.