Das wollen die Forscher herausfinden: Wohin wandern die Fische in Aare, Rhein oder Reuss? Ändern sich die Routen der Fische, wenn die Wassertemperaturen steigen? Wie kann man das Wissen nutzen, um Kraftwerke «fischgerecht» zu sanieren? Die Forscherinnen und Forscher der ETH wollen mittels Tracking mehr über die Bewegungsmuster der Süsswasserfische herausfinden. «Es ist über verschiedene Fischarten sehr wenig bekannt», sagt Sara Süess vom Forschungsinstitut Eawag der ETH. Nun wurden Fische in der Reuss bei Bremgarten AG mit Sendern ausgestattet. Egli, Hecht, Wels, Schleien oder auch gefährdete Arten wie Nasen und Äschen leben hier.
Das ist die Technik dahinter: Die Fische werden mit akustischen Empfängern ausgestattet. Ein Transmitter verrät über mehrere Jahre, wo sich die Fische im Fluss bewegen und wann sie dies tun. 600 Fische von 12 Fischarten wurden mit Sendern ausgestattet. Diese senden Signale aus, die ein Unterwassermikrofon erkennt. «Das schwierigste ist das Fangen. Meine Kollegen fangen die Fische vom Boot aus mit einem Elektrofanggerät. Der Fisch wird ganz kurz narkotisiert. Dann wird ein Sender in den Bauch implantiert. Dann erwacht der Fisch wieder und kann freigesetzt werden», erklärt Sara Süess, wissenschaftliche Assistentin des Projekts.
Hier wird getrackt: Der Kanton Aargau hat Mitte September der Eawag erlaubt, Hydrophone an 13 Standorten in der Reuss zu installieren, bis mindestens 2028. Die Fische werden im ganzen Rhein-Aare-Netzwerk getrackt. «Wir haben im Rhein, in der Aare, in der Thur und jetzt in der Reuss Empfänger installiert», sagt Sara Süess von der Eawag. Genannt wird das Ganze «Hydrophon-Netzwerk». Dieses soll Teil des European Tracking Networks sein und eine grenzüberschreitende Ortung ermöglichen. Die mehrjährige Überwachung sei schweizweit einzigartig, heisst es bei der Eawag.
Das ist das Problem: Vor über 200 Jahren konnten die Fische ungehindert in den Flüssen auf- und abwandern. Dann wurden Wasserkraftwerke gebaut. Die Flusslandschaft wurde «fragmentiert», wie die ETH-Fachleute das nennen. Auch Hochwasserschutzprojekte können Fische am Wandern hindern. Die Fischwanderung von Stör und Lachs wurde derart gestört, dass sie unterdessen in unseren Flüssen ausgestorben sind. Nun soll die Forschung für die verbleibenden Arten herausfinden, welche Hindernisse für Fische unpassierbar sind. Zudem soll aufgezeigt werden, ob die Fische im heissen Sommer Zugang zu Kaltwasser finden.
Das sind erste Erkenntnisse: Die allerersten Sender wurden Fischen im Aare-Rhein-Netzwerk vor einem Jahr eingesetzt. Fische blieben zum Teil an einem einzigen Ort und wandern dann plötzlich weg. «Das kann unterschiedliche Gründe haben. Wenn die Beutefische für einen Raubfisch abwandern, geht auch dieser weg. Auch Temperatur oder Abfluss des Fliessgewässers könnten so etwas auslösen», vermutet Sara Süess weiter. Für eine Analyse benötige man noch viel mehr Daten. Diese werden jetzt über mehrere Jahre gesammelt, um wichtige Fischrouten zu definieren.