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Fragwürdiger Handy-Händler «Verapplet» von Occasionshandy-Händler

Beim Onlinehändler applesell.ch lassen Lieferungen ewig auf sich warten.

Die Internetseite applesell.ch macht auf den ersten Blick einen seriösen Eindruck. Professionelle Aufmachung, keine Tippfehler, plausible Umschreibung des Geschäftsmodells – der Verkauf von Occasionshandys. Die Schweizer Domain sowie die Angabe von Firmensitz und Name des Betreibers in Deutschland, liessen auch bei Kundin Melanie Veser keine Zweifel aufkommen.

Das Schweigen des Online-Händlers

Für ihren Sohn hatte sie ein Handy kaufen wollen. «Das braucht nicht das Neuste zu sein – ein Occasionshandy reicht da vollkommen», erklärt Veser gegenüber dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso». Als die Zahlungs-Bestätigung der 200 Franken nach zehn Tagen noch immer nicht bei ihr eingegangen war, wurde sie skeptisch. Sie meldete sich mit klaren Worten an den Verkäufer und verlangte eine Bestätigung für den Versand des Handys. Darauf erhält sie keine Antwort.

Kein Geld zurück bei verzögerter Lieferung

Katja Stierlin ist eine weitere unzufriedene Kundin von applesell.ch. In der gleichen Woche wie Melanie Veser bestellt und bezahlt auch sie ein Occasionshandy auf der Seite. Auf die Lieferung wartet sie noch heute. Wie drei weitere Käufer von denen «Espresso» weiss. Wenigstens erhält Stierlin auf eindringliche Mails hin ein Antwortschreiben von applesell.ch. Das Handy sei zu ihr unterwegs.

Und weiter schreibt die Firma mit Sitz in Köln: «Immer wieder versuchen Kunden, aufgrund verzögerter Lieferung Überweisungen zurückzuholen. Diese Anfragen lehnt unsere Bank in unserem Auftrag definitiv ab. Wir erstatten grundsätzlich Beträge selbst! Ihnen entstehen dadurch nur unnötige Gebühren.»

Webseite Screenshot applesell.ch
Legende: Die Website machte wegen der Schweizer Domaine und den Angaben über die Firma einen seriösen Eindruck auf die Kundin. applesell.ch/Screenshot

«Das stinkt doch zum Himmel», sagt Kundin Melanie Veser. «Wenn ein Händler von sich aus, standartmässig so antwortet, dann stimmt da etwas nicht – der Händler sieht sich offenbar oft mit der Situation konfrontiert, dass er nicht liefern kann und das Geld nicht zurückbezahlt.»

Stellungnahme von Applesell.ch

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«Espresso» hat Applesell.ch auf die Lieferverzögerungen und die fragwürdige Kundenkommunikation angesprochen. Das Unternehmen begründet die langen Lieferzeiten unter anderem mit der Coronakrise. Die Logistikpartner benötigten trotz der eingesetzten Lockerung teilweise «extremst lang, um das Paket in die Schweiz auszuliefern». Pakete würden teilweise am Schweizer Zoll hängen bleiben. Zur Kommunikation mit den Kunden heisst es: «Wir sind auch nur Menschen. Genauso wie unsere Kunden in ihrem Beruf oder Geschäft auf Probleme stossen, welche zu beseitigen sind. Dafür gibt es bei uns die Geschäftsleitung, welche letztendlich reagiert und den betroffenen Mitarbeiter für die Kundenkommunikation nicht mehr einsetzt.»

Auf die Frage, weshalb den betroffenen Kundinnen und Kunden keine Belege für den Versand der Produkte vorgelegt würden (zum Beispiel eine Tracking-Nummer), schreibt Applesell.ch: «Dies beschleunigt den Versand nicht; kostet uns allerdings einen enormen Aufwand, den dazu gehörigen Schriftverkehr mit den Kunden zu führen.»

Negative Bewertungen

Recherchen ergeben, dass applesell.ch erst seit Anfang April 2020 aufgeschaltet ist, ein möglicher Grund, dass über diese Domain keine Kommentare zu finden sind. Die Firma hat ihren Sitz in Köln. Sucht man den Firmen-Inhaber Roman Nevsky im Netz, stellt sich aber schnell heraus, dass dieser seit geraumer Zeit Occasionshandys verkauft und oft nicht liefert. Unter applefy.de oder coyshop.de betreibt er das gleiche Geschäftsmodell.

Im Gegenzug zu applesell.ch finden sich zu den anderen Internetseiten dutzende von Negativeinträgen von erbosten Kunden. Kommentare wie «Finger weg» oder «ich habe bezahlt aber warte noch heute auf die Lieferung» kommen oft vor.

Bei Nicht-Lieferung bezahlter Ware: Anzeige

Die Kantonspolizei Zürich, die die Internetseite cybercrimepolice.ch betreibt, rät generell, «wenn Ware bestellt und bezahlt wurde, diese aber nicht geliefert wird, Anzeige zu erstatten». Die Polizei könne nur handeln, wenn sie von solchen Machenschaften wüsste. . Melanie Veser und Katja Stierlin haben Anzeige erstattet. Sie haben das Geld zwischenzeitlich abgeschrieben.

Hilfreiche Links:

Espresso, 08.06.2020, 08.13 Uhr

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