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Frauenallianzen im Parlament Wie die Frauenwahl die Politik verändert

Die Allianz zwischen Frauen spielt zwar nicht oft, aber wenn sie spielt, sind Frauen häufig das Zünglein an der Waage. Eine SRF-Datenanalyse zeigt, dass Frauen vor allem bei gesellschaftspolitischen Fragen über die Parteigrenzen hinweg zusammenhalten.

So viele Frauen wie noch nie schafften bei den letzten Parlamentswahlen den Sprung in den Nationalrat, nämlich 42 Prozent. Das ist und war historisch. Viele Frauen versprachen sich davon eine andere Politik – eine Politik, in der Frauen über die Parteigrenzen hinweg zusammenhalten.

Eine Auswertung von SRF Data zeigt jetzt, diese Allianz zwischen den Frauen spielt tatsächlich immer wieder. Auch wenn es nach wie vor viel wichtiger ist, für welche Partei eine Frau politisiert. Doch gerade in gesellschaftspolitischen Fragen – etwa bei der Verschärfung des Sexualstrafrechts – spannen Frauen zusammen und schaffen Mehrheiten.

Fortschritt dank Frauenallianzen

Ständeratspräsidentin Brigitte Häberli-Koller eröffnete den Sitzungstag am internationalen Frauentag so auch mit einem Plädoyer: «Beim Engagement für die Gleichstellung von Mann und Frau geht es nicht nur um Gerechtigkeit. Sondern auch um den Fortschritt für die ganze Gesellschaft.» Fortschritt will heissen: Seit der Frauenwahl sind im Parlament diverse gesellschaftspolitische Anliegen neuerdings mehrheitsfähig.

Zum Beispiel die Ehe für alle, die Individualbesteuerung oder Präventionskampagnen gegen häusliche und sexuelle Gewalt. «Das war nur mit diesem deutlich weiblicheren, deutlich jüngeren Parlament möglich in dieser Legislatur», sagt die Baselbieter Ständerätin Maya Graf. Sie ist Co-Präsidentin der Frauendachorganisation Alliance F und seit 21 Jahren im Parlament.

Sich über Parteigrenzen hinaus vernetzen

Entscheidend für die Erfolge im Parlament ist die Vernetzung unter den Frauen, über Parteigrenzen hinweg. Dazu haben sie im Parlament neue Plattformen geschaffen – sei es ein regelmässiges Essen der Ständerätinnen, die Gründung des Frauenfussballteams FC Helvetia oder die erste Frauensession seit 30 Jahren.

Die Sankt Galler Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher, Präsidentin der FDP-Frauen, sagte: «Wir werden deswegen nicht unsere politische Haltung ändern. Aber wir gehen anders miteinander um und haben die Hemmschwellen gesenkt, um miteinander in Kontakt zu treten.»

Das zeigte sich zum Beispiel auch bei einem Vorstoss von SP-Nationalrätin Samira Marti aus dem Kanton Baselland. Sie forderte, dass die Unterschiede beim Lohn von Männern und Frauen untersucht werden. Hier spielte die Frauenallianz im Nationalrat und verhalf dem Vorstoss zum Erfolg.

In Finanzfragen ist man sich uneinig

Doch was in gesellschaftspolitischen Fragen funktioniert, scheitert in finanzpolitischen Fragen, wie auch eine Analyse von verschiedenen Abstimmungen von SRF Data im Parlament zeigt.

Beispiel AHV-Reform: Dort spielte die Parteizugehörigkeit von Frauen die entscheidende Rolle. Es gab keine Frauenallianz über die Parteigrenzen hinweg. «Wir haben politisch unterschiedliche Werthaltungen. Die einen sehen den Staat eher in der Verantwortung, die andern sehen sie im Privaten», sagt Vincenz-Stauffacher.

Ganz allgemein zeigt die Analyse von verschiedenen Abstimmungen im Parlament: Die Frauenallianz spielt dann am ehesten, wenn es um Abstimmungen geht, die von den Fraktionen als weniger wichtig eingestuft werden. Bei schwergewichtigen Entscheiden dominiert hingegen oft wieder die Parteizugehörigkeit.

Tagesschau, 8.3.2023, 19:30 Uhr

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