«Häppere» für Kartoffeln oder «ggùgge» für schauen. Das ist Senslerdeutsch. Zwischen 30'000 und 40'000 Menschen sprechen diesen Freiburger Dialekt.
Ungewohnt und exotisch
Sind Senslerinnen und Sensler in der restlichen Deutschschweiz unterwegs, fallen sie oft auf. Denn ihr Dialekt klingt für viele Deutschschweizer Ohren noch immer ungewohnt. «Als Senslerin sticht man hervor», sagt beispielsweise die Theaterschauspielern Eveline Dietrich. «Obwohl ich schon seit Jahren in Bern wohne und arbeite, werde ich regelmässig auf meinen Dialekt angesprochen.»
Ja, Senslerinnen und Sensler fallen mit ihrer Sprache zwar noch immer auf, aber nicht mehr negativ. Das sagt Sprachforscherin Claudine Brohy. Denn das Image des Dialektes habe sich verbessert. Auch weil sich das Selbstbild der Senlser verändert habe.«In meiner Jugend musste ich mir viele Freiburger-Witze anhören», erzählt die Mundartexpertin, die selbst Senslerdeutsch spricht. «Vor 40 Jahren wurden der Sensler Dialekt und der Kanton Freiburg noch gleichgesetzt mit konservativ, katholisch und bäuerlich.»
Sich schämen wegen der eigenen Sprache? Dieses Gefühl kennt auch Schauspielerin Eveline Dietrich, zum Beispiel von einem Theaterkurs zu Beginn ihrer Karriere: «Die Zürcher haben schnell und gut gesprochen. Das hat mich beeindruckt.» So sehr, dass sie sich kaum getraut hat, selbst etwas zu sagen: «Senslerdeutsch auf der Bühne? Ich dachte damals, da passt diese Agrarsprache doch gar nicht hin. Mittlerweile weiss ich es aber besser.»
Senslerinnen und Sensler haben heute ein anderes Bild von sich und ihrem Dialekt, davon ist auch Christian Schmutz überzeugt. Er ist ein Experte in Sachen Dialekt: Er hat das Senslerdeutsche Wörterbuch geschrieben, hat ein Label für Sensler Firmen gegründet und organisiert kulturelle Anlässe von und für Sensler. «Ich bekomme viele positive Rückmeldungen auf mein Wörterbuch. Vielen ist wichtig, spezielle Dialektwörter zu bewahren», so Christian Schmutz.
Seit den 1990er Jahren erleben wir einen regelrechten Mundart-Tsunami
Das gelte aber nicht nur für den Sensler Dialekt. «Mundart ist in der Deutschschweiz mittlerweile sehr positiv konnotiert. Vor vierzig Jahren war das noch anders. Aber heute sind die Menschen stolz auf die Schweizer Dialekte», so Mundartexperte Schmutz.
Ein Trend, der sich auch im Alltag zeigt. Zum Beispiel in den sozialen Medien oder Chatnachrichten. «Noch nie wurde so viel Schweizerdeutsch geschrieben wie heute», sagt Sprachforscherin Claudine Brohy. «Seit den 90er Jahren erleben wir einen regelrechten Mundart-Tsunami.»
Darum sind beide Dialekteexperten überzeugt: Die Deutschschweizer Mundarten brauchen keinen besonderen Schutz. Denn solange Dialekt gesprochen wird – zuhause, auf der Strasse und der Theaterbühne – bleibt er lebendig. Das gilt auch für das Senslerdeutsche.