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Friedhof Pratteln Das Kreuz verschwindet aus der Abdankungshalle

In Pratteln werden religiöse Symbole entfernt, damit die Friedhofskapelle von allen benutzt werden kann.

Die Abdankungshalle auf dem Friedhof Blözen in Pratteln ist ein typischer Bau aus den 1960er-Jahren: Schlicht, mit viel Beton. Weil die Anlage in die Jahre gekommen ist, hat der Einwohnerrat der Gemeinde vor kurzem beschlossen, dass die Halle saniert werden soll. Kostenpunkt: 1,25 Millionen Franken.

Neben einer neuen sparsameren Heizung, neuen Sitzbänken und neuem Verputz sollen mit der Sanierung auch die christlichen Symbole aus der Kapelle verschwinden. Übermalt wird beispielsweise ein Bibelvers an der Wand und auch das Holzkreuz kommt weg. «Wir haben die Rückmeldung bekommen, dass sich Leute an diesem Vers störten», bestätigt der Pfarrer der evangelisch-reformierten Kirche in Pratteln, Daniel Baumgartner.

Halle mit Kreuz, Altar und Bibelvers
Legende: Holzkreuz und Bibelvers an der Wand sollen aus der Abdankungshalle beim Friedhof Blözen verschwinden. SRF

Diese Rückmeldungen hätten dazu geführt, dass man mit Vertretern verschiedener Religionen zusammensass und beschloss, auf religiöse Symbole in der Halle ganz zu verzichten. Ganz verschwinden soll das Kreuz als wichtigstes Symbol des Christentums aber dennoch nicht. «Ein schönes massives Kreuz aus Holz könnte man in Zukunft bei Bedarf auf Rädern in die neue Halle fahren», sagt Baumgartner. Auch ein moderner Beamer biete neue Möglichkeiten, um beispielsweise Bibelverse an die Wand zu projizieren. Hinter der Neugestaltung stehen auch die Vertreter der römisch-katholischen Kirche in Pratteln. «Die Gesellschaft hat sich so entwickelt», meint Gerd Hotz, diakonischer Mitarbeiter der Kirchgemeinde.

Entwurf Halle
Legende: Ohne christliche Symbole: So könnte die neue Abdankungshalle aussehen. Gemeinde Pratteln

Die Umgestaltung der Abdankungshalle in Pratteln ist auch politisch breit abgestützt. Kritik im Einwohnerrat gab nicht die neue interreligiöse Ausrichtung, sondern, dass die Kosten der Gesamt-Sanierung deutlich höher sind als ursprünglich geplant. Nicht einmal bei der SVP störte man sich daran, dass Kreuz und Bibelvers wegkommen, wie Fraktionspräsidentin Simone Schaub auf Anfrage bestätigte: «Pratteln ist seit Jahrzehnten Multikulti. Dies war kein Gesprächsthema bei uns.» Fakt ist: Pratteln ist die Gemeinde mit dem höchsten Ausländeranteil in Kanton Baselland. Knapp 100 verschiedene Nationen leben dort.

700 Unterschriften in Riehen

Die Zurückhaltung der SVP Pratteln ist bemerkenswert, hatte doch vor kurzem eine ähnliche Debatte beim Friedhof Hörnli in Riehen bei Basel die dortige SVP-Sektion erzürnt. Innerhalb kürzester Zeit sammelte die SVP Riehen 700 Unterschriften für eine Petition. Diese verlangt, dass «Kreuze, Wandbilder und andere Symbole unserer abendländischen Kultur in der jetzigen Form bestehen bleiben.»

Auslöser der Unterschriftensammlung war die Aussage des stellvertretenden Friedhofsleiters in einem Artikel der Basler Zeitung. Dieser sagte, man überlege sich, wie man die Kapellen kurzfristig auf Wunsch religionsneutral gestalten könne. Immer mehr Menschen sei beispielsweise ein Wandbild mit der Kreuzigung von Jesus Christus ein Dorn im Auge.

Die Petition der SVP Riehen wird als Nächstes im Basler Grossen Rat thematisiert. Gut möglich, dass sich dort eine Grundsatzdebatte über christliche Symbole in der Öffentlichkeit entzündet. In Pratteln macht man sich derweil bereits an die konkrete Planung der Sanierung und Umgestaltung der Abdankungshalle. Die ersten Arbeiten sollen bereits im Frühsommer beginnen.

Fünf Weltreligionen auf Berner Friedhof vereint

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Betende vor Buddha-Statue
Legende: Keystone

Auf dem Bremgartenfriedhof in Bern wurde 2019 ein Hindu-Abdankungstempel eingeweiht worden. Damit sind dort alle fünf Weltreligionen mit Orten für Abdankungsfeiern und Bestattung vertreten.

Christen, Jüdinnen, Musliminnen, Buddhisten und Hindus können auf dem Friedhof Bern ihre letzte Ruhe finden.

Auch auf anderen Friedhöfen in der Schweiz sind schon seit längerem Bestattungen von Muslimen möglich.

Regionaljournal Basel 31.01.2022 17:30 Uhr ; 

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