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Für mehr Lebensqualität Forderung: Tempo 30 in den Städten – auch auf Hauptstrassen

Die Verkehrsdirektorinnen und -direktoren der Städte finden, weniger Tempo sei die beste Massnahme gegen Lärm und Unfälle. Die Forderung ist nicht ganz neu. Neu ist aber, dass jetzt auch der Verband des öffentlichen Verkehrs mit an Bord ist.

Die Entwicklung in Europa sei eindeutig, heisst es in einem neuen Positionspapier der Städtekonferenz Mobilität. Tempo 30 in den Städten sei die Zukunft.

Diese Debatte wird – schon länger und sehr engagiert – auch in der Schweiz geführt. Ein Knackpunkt bislang: Bremsen Städte den Verkehr aus, bremsen sie auch Trams und Busse aus. Der öffentliche Verkehr, der attraktiv bleiben soll, würde langsamer, und teurer. Auch deshalb wehren sich die ÖV-Vertreter.

Pros und Kontras

Dennoch bezieht jetzt auch die Städtekonferenz Position. Marieke Kruit, Stadtberner SP-Verkehrsdirektorin, sagt Ja zu Tempo 30 flächendeckend, auch auf Hauptstrassen und ÖV-Achsen. «Flächendeckend heisst, dass man auch verkehrsorientierte Strassen anschaut.» Dort, wo der Lärm besonders hoch sei und, dass man auch dort Temporeduktionen einführe. Gegen Lärm, Platzprobleme und Unfälle sei das die beste Option.

Das steht im Positionspapier

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Für die Städtekonferenz Mobilität führt Tempo 30 zu mehr Lebensqualität. Ausserdem sei das Tempolimit die einfachste und kostengünstigste Lösung gegen Lärm. Insbesondere der Strassenlärm blockiere die Stadtentwicklung, teilt die Städtekonferenz zu einem Positionspapier mit. Lärmschutzvorschriften würden heute zahlreiche Bau- und Sanierungsprojekte blockieren.

Weitere Vorteile seien die Verringerung von schweren Unfällen sowie ein besserer Verkehrsfluss. Zudem könne wertvoller öffentlicher Raum anders genutzt werden, so etwa für den Öffentlichen Verkehr, zum Flanieren oder Velofahren sowie für Grünflächen.

Die Städtekonferenz Mobilität (SKM) ist ein Zusammenschluss von 20 der Schweizer Städte, die die «Charta für eine nachhaltige städtische Mobilität» als Grundlage für einen stadtverträglichen Verkehr unterzeichnet haben. (sda)

Anders sieht das der Touring Club Schweiz. Mediensprecher Jonas Montani gibt zu bedenken, dass der Verband des Öffentlichen Verkehrs und die Notfallorganisationen ebenfalls gegen eine flächendeckende Einführung von Tempo 30 seien. «Und das mit gutem Grund: Es verlangsamt den Verkehr.»

Dazu kommt: Tempo 30 führe zu Ausweichverkehr in die Quartiere, und Umfragen zeigten auch, dass selbst die Stadtbevölkerung gar nicht begeistert sei.

Nur, wo sinnvoll

Neu ist, dass die Städte neben der Forderung nach Tempo 30 den Raum für Kompromisse betonen, gerade für den ÖV. Man könne auf einzelnen Strecken auch einmal eine Ausnahme machen. Marieke Kruit erklärt: «Wir – und da spreche ich für die Stadt Bern – werden das mit Augenmass machen.» Und es müsse natürlich auch Sinn machen.

Frau montiert Schild für Tempo-30-Zone in Zürich.
Legende: In manchen Strassen von Zürich gilt schon seit geraumer Zeit von 22 bis 6 Uhr Tempo 30 – um die Bewohner vor Lärm zu schützen. KEYSTONE/Ennio Leanza

Busse könnten an Ampeln bevorzugt werden. Auch Tempo 30-Strassen können breit sein oder Kreuzungen aufgehoben werden. Das sind die Ansätze im Positionspapier der Städte.

Die ÖV-Unternehmen, die sich zuletzt kritisch geäussert hatten, hören das gern. Ueli Stückelberger, Direktor des Verbands öffentlicher Verkehr. «Wir glauben einfach, man kann nicht überall Tempo 30 machen – aber das wird nun in diesem Papier aufgenommen. Und das ist ein Schritt in die richtige Richtung.» Man sei im Gespräch, und man werde sich mit den Städten finden, so Stückelberger.

Damit gewinnt Tempo 30 in den Städten einen wichtigen Verbündeten. Autofahrende, das Gewerbe und auch der TCS erhalten noch mehr Gegenwind.

Rendez-vous, 16.05.2023, 12:30 Uhr

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