Es sind hektische Zeiten in Noflen bei Bern. Auf dem Parkplatz vor der Biobaumschule herrscht ein Kommen und Gehen. «Oft sind wir schon um fünf Uhr im Büro und bearbeiten Kundenanfragen», erzählt Jürg Glauser von der Baumschule, die er zusammen mit seinem Bruder und seinen Eltern betreibt.
Der Boom in den heimischen Gärten zeigt sich nicht nur auf dem Parkplatz, anhand der Kundenanfragen und der vielen Pakete, die das Gelände verlassen – sondern auch sonst rund um den Betrieb.
Bei diesen Pflanzen wird es knapp
Jürg Glauser führt aufs Feld. Hier stehen normalerweise junge Obstbäume in Reih und Glied, ein richtiger kleiner Wald. Doch die Reihen haben sich gelichtet. «Wir konnten viele Bäume verkaufen und haben nicht mehr viele nacktwurzlige Obstbäume.» Also Bäume ohne Topf. Bei grossen Obstbäumen sind einzelne Sorten ausverkauft, wurzelnackte Bio-Apfelbäume beispielsweise sind seit ein paar Wochen nur noch wenige zu haben.
Erst im Herbst gibt es wieder welche, sofern sie denn durch den Sommer gut wachsen. Diese Bäume sind heiss begehrt. «Wir haben bereits jetzt einen halben Ordner voll Reservationen», sagt Jürg Glauser.
Er stellt fest, dass sich wegen der Pandemie viele Menschen vermehrt dem Garten oder dem Balkon widmen. Zudem profitieren Glausers vom Bioboom. Und: «Die Leute wollen etwas Nützliches im Garten.» Also anstelle von klassischen, eher dekorativen Zierhölzern sind Nutzpflanzen wie Obst oder Beeren gefragt.
Jürg Glauser und sein Team versuchen, den vielen Anfragen – von Privaten wie auch Landwirten – Herr zu werden. Doch gerade die grossen Obstbäume lassen sich nicht auf Knopfdruck produzieren. «Das dauert einige Jahre.» Deshalb werde man die grosse Nachfrage noch in einigen Jahren spüren und einzelne Sorten werden weiterhin Mangelware sein.
Boom auch in Europa
Ausweichmöglichkeiten gibt es kaum. «Wir können nur in wenigen Fällen bei anderen Gärtnereien Pflanzen zukaufen. Insbesondere Pflanzen in Bioqualität sind schwer zu haben», sagt Glauser.
Schon das letzte Jahr lief für viele Gärtnereien gut – trotz geschlossener Geschäfte im Frühling wegen des Shutdowns. Und auch dieses Jahr habe gut begonnen. «Die Menschen waren schon im Februar in den Gartencentern – was aussergewöhnlich ist», sagt Othmar Ziswiler vom Verband Jardin Suisse. «Es gab schon immer mal wieder Engpässe bei einzelnen Pflanzen. Dass es nun aber bei vielen verschiedenen Nutzpflanzen eine Knappheit gibt, ist speziell.»
Ziswiler von Jardin Suisse rechnet nicht damit, dass die Preise aufgrund der grossen Nachfrage stark steigen werden. Und auch wenn Pflanzen fehlen, werde es auch künftig noch ein gewisses Angebot haben – einfach nicht mehr alle Sorten.
Im bernischen Noflen übersteigt die Nachfrage das Angebot deutlich. Die Baumschulbetreiber könnten den Betrieb problemlos ausbauen. Doch Jürg Glauser winkt ab: «Wir wollen nicht mehr gross wachsen. Das widerspricht dem Biogedanken.» Und sein Vater ergänzt: «Es kommen bestimmt auch wieder Jahre, indenen die Nachfrage kleiner sein wird.»