80 bis 90 Prozent Ausfall: Bei der Weinhandlung Cultivino in Liebefeld bei Bern sind im Lockdown fast sämtliche Bestellungen weggefallen. Los ging es bereits im Februar, sagt Co-Geschäftsführer Lukas Frey: «Die Restaurants hatten Absagen, Firmenessen wurden storniert, Geburtstagspartys fanden nicht statt und grosse Anlässe waren nicht möglich.» Den Rückgang in der Gastronomie habe die Weinhandlung direkt gespürt.
Kein Umsatz, nur Kosten
Gleiches widerfuhr einem der grössten Getränkelieferanten in der Region: der Engel Getränke AG in Biel. Auch hier mussten Ausfälle von 80 bis 90 Prozent verkraftet werden. «Wir konnten fast nur noch Alters- und Pflegeheime beliefern», sagt Geschäftsführer Jürg Engel. Die Kosten für Miete und Versicherungen berappte er aus dem Ersparten aus 25 Jahren Geschäftstätigkeit. «Wir hatten schlaflose Nächte», führt Engel aus.
Das Familienunternehmen Engel intensivierte den Rampenverkauf, bewarb den Webshop aktiver, druckte Flyer und kooperierte mit der Spitex, um ältere Leute zu beliefern. «Aber das hat den verlorenen Umsatz niemals wettgemacht.» Unterdessen hat Engel wieder 70 Prozent des normalen Umsatzes erreicht.
Raritäten und Spezialitäten für Privatkunden
Auch Lukas Frey von der Weinhandlung Cultivino musste sich etwas überlegen. «Wir versuchten, mehr Wein an Privatkunden zu verkaufen», sagt der Co-Geschäftsleiter. Lieferungen neuer Jahrgänge, Raritäten, Spezialitäten wurden statt den Gastronomen nun den Privatkunden feilgeboten. Mit Erfolg, sagt Frey: «Der Absatz bei den Privatkunden hat sich verdoppelt.»
Die Leute haben während des Lockdown bewusster konsumiert.
Cultivino ist spezialisiert auf hochwertige Qualitätsweine, die ohne Chemikalien produziert werden. Dass viele Leute bewusst nach gesunden Produkten Ausschau hielten, sei Cultivino zugutegekommen, sagt Frey. «Wir haben festgestellt, dass die Leute in dieser Zeit bewusster konsumiert haben.» Allerdings haben die privaten Kunden die Ausfälle beim Absatz an die Gastrobetriebe nicht wettgemacht.
Erst seit den Lockerungen der Coronamassnahmen steigen die Umsatzzahlen bei Cultivino wieder an – unterdessen sind sie fast auf ursprünglicher Höhe. «Momentan geht es uns gut. Im Hinterkopf ist immer noch die Ungewissheit, wie es im Herbst und Winter weitergeht.»
Wir versuchen nun, uns breiter abzustützen.
Dieses mulmige Gefühl kennt auch Jürg Engel: Kann der Betrieb weiterexistieren, wenn die Abhängigkeit von der Gastronomie so gross ist? «Wir versuchen nun, uns breiter abzustützen, auch hinsichtlich einer zweiten Welle.» Ziel sei es, neue Kunden zu finden ausserhalb der Gastronomie. So schnell gehe das aber nicht. Vorläufig aber ist er weitgehend von den Restaurants abhängig.