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Gebietsabtausche Für mehr Natur werden die Landesgrenzen neu gezogen

In Genf wird ein Grenzfluss renaturiert – mit Konsequenzen bis nach Paris.

Weite Teile der Schweizer Landesgrenzen verlaufen durch Flüsse. Doch was passiert mit der Grenze, wenn sich der Flusslauf verändert? In Genf wird gerade der Foron renaturiert – ein kleiner Grenzfluss zwischen der Schweiz und Frankreich. Das wirkt sich nicht nur auf die Anrainer-Grundstücke aus, sondern hat Konsequenzen bis auf höchste diplomatische Ebene.

Mehr Natur auf der Grenze

Der Foron ist einer der vielen Flüsse, die in der Schweiz begradigt worden waren. «Etwa alle 200 Meter wurden Wasserfälle gemacht, um die Energie des Flusses zu bremsen – aber dadurch konnten die Fische nicht mehr passieren», erklärt Francis Delavy, Projektverantwortlicher für Renaturierungen beim Kanton Genf.

Fluss Foron
Legende: Der Fluss wurde verbreitert, damit es mehr Platz gibt für den Fall eines Hochwassers. SRF

Um der Natur wieder mehr Platz zu geben, wurden die Ufer des Foron abgeflacht und der Fluss verbreitert. «So ist das Wasserniveau tiefer. Auch bei Hochwasser hat es nun Platz, der überschwemmt werden kann», erklärt Delavy. Die Zeit der überfluteten Keller sollte damit für die angrenzenden Gemeinden beidseits der Grenze vorbei sein.

Landverlust für den Fluss

Wo der Fluss mehr Platz braucht, musste Delavy das Gespräch mit den Grundstückbesitzern suchen. Serge Gonin aus Puplinge (GE) ist Gemüsebauer und Anwohner auf der Schweizer Seite. Er hat einige Quadratmeter seines Landes abgetreten. «Ich habe etwas Terrain verloren, doch das übergeordnete Ziel war es, unser Dorf vor den Überschwemmungen zu bewahren», sagt er. Aber nicht alle Anwohner ticken wie er.

Wir versuchen, den Fluss als etwas Lebendiges zu verkaufen.
Autor: Francis Delavy Projektverantwortlicher für Renaturierungen, Kanton Genf

«Manche Verhandlungen sind zäh», sagt Francis Delavy. Er versuche immer, den persönlichen Gewinn einer Renaturierung herauszustreichen: «Natürliche Flüsse sind Orte, wo man verweilen und die Füsse ins Wasser stecken kann, wo man mit seinen Enkeln spielt oder der grossen Liebe seine Treue schwört. Wir versuchen, den Fluss als etwas Lebendiges zu verkaufen.»

Der Boden wechselt die Nationalität

Der Fluss braucht aber nicht nur mehr Platz. Da, wo das Wasser die Grenzlinie neu zieht, entstehen ganze Landflächen, die quasi ihre Nationalität wechseln. Ganz genau erfasst wird das vom Genfer Kantonsvermesser, Laurent Niggeler. Meter für Meter müsse man solche Flächen kompensieren: «Weder die Schweiz noch Frankreich darf etwas erobern», so Niggeler. So weit als möglich, versuche man den Ausgleich vor Ort am Fluss zu schaffen, ansonsten zumindest innerhalb des Kantons. «Wir wollen nicht, dass sich die Kantonsfläche verändert.»

Die Grenze ist nicht immer in der Mitte

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Fast 500 der rund 2000 Kilometer der Schweizer Landesgrenze verlaufen durch Seen, Flüsse und Bäche. In der Regel verläuft die Grenze in deren Mitte – es gibt jedoch auch Ausnahmen: Beim kleinen Genfer Grenzfluss Foron ist das Wasser gänzlich französisch. Dies wurde so im Vertrag von Turin von 1816 ausgehandelt – damals unter dem König von Sardinien, der auch Herzog von Savoyen war. Dies, weil auf der heute französischen Seite viele wasserbetriebene Mühlen standen. Der sardische König wollte damit sicherstellen, dass die Schweizer den Fluss nicht zulasten der Savoyer trockenlegen könnten.

Da die Schweiz durch die Renaturierung des Foron etwas Land gewinnt, soll sie nun zwei andere Parzellen an Frankreich abtreten. Für die Betroffenen ist es keine Enteignung, doch ihr Boden ist neu in Frankreich. Entschädigt wird niemand. Insgesamt wechselt knapp ein Hektar Boden die Nationalität.

Am Schluss unterzeichnen Bern und Paris

Bis der Gebietsabtausch formell bestätigt und abgeschlossen ist, dauert es jedoch noch Jahre. Bereits abgesegnet ist er von der gemischten schweizerisch-französischen Grenzkommission. «Nun müssen noch die nationalen Behörden ihr Okay geben – in der Schweiz der Bundesrat, und auch der französische Staat», sagt Laurent Niggeler. Das Dossier liegt in der Schweiz beim Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA). «Das kann locker 10 bis 15 Jahre dauern», so Niggeler. Erst, wenn die Diplomatinnen und Diplomaten ihre Arbeit getan haben, wird die Änderung definitiv auf den Karten erfasst.

Schweiz aktuell, 14.07.22, 19:00 Uhr

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