Auf dem Basler Friedhof Hörnli liegen vier sowjetische Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg begraben. Es ist das einzige sowjetische Soldatengrab in der ganzen Schweiz. Das Ehrengrab liegt an einem geteerten Weg, wo sich bedeutende Gräber aneinanderreihen. Jeweils am 9. Mai versammeln sich dort dutzende russische Vertreterinnen und Vertreter, um dem Sieg der Sowjetunion über Nazi-Deutschland und der gefallenen Soldaten zu gedenken. So auch an diesem Montagmorgen.
Bereits zwischen sieben und acht Uhr in der Früh sicherte die Basler Polizei den gesamten Friedhof ab und sperrte alle Eingänge. Gegen neun Uhr trafen dann die offiziellen Delegationen auf dem Friedhof ein, der russische Botschafter samt Entourage, zudem auch diplomatische Vertretungen anderer Länder, beispielsweise Belarus, Kirgistan, Kasachstan oder Armenien. Gemeinsam feierten sie eine kurze Zeremonie zum Gendenken an die gefallen sowjetischen Soldaten.
Ab zehn Uhr war der Friedhof wieder geöffnet. Dann kamen nochmals rund 70 Personen zum Grab, um Blumen niederzulegen und gemeinsam Lieder zu singen. Ebenfalls anwesend war eine Gruppe Männer auf grossen Motorrädern, welche die russische Flagge an ihren Fahrzeugen montiert hatten, zu sehen waren zudem auch Fahnen der ehemaligen Sowjetunion.
Basler Behörden schränkten Anlass ein
In den vergangenen Jahren schenkte kaum jemand in der Region der Gedenkfeier zum russischen «Tag des Sieges» viel Aufmerksamkeit. Wegen Russlands Überfall auf die Ukraine bereitete der diesjährige Gedenktag den Basler Behörden jedoch Sorgen.
Die Angst vor einer Eskalation auf dem Friedhof war gross. Auch, weil wenige Wochen zuvor im grenznahen Lörrach ein grosser Pro-Russland-Autokorso und eine Gegendemonstration aufeinandertrafen. Die Basler Behörden befürchteten einen Aufmarsch von Kriegsbefürwortern auf dem Friedhof. Der Anlass wurde deshalb von der Basler Regierung zeitlich begrenzt. Am Grab entbrannte vor laufenden Kameras und Mikrofonen ein kurzes Wortgefecht zwischen pro-ukrainischen Aktivistinnen und Vertreterinnen des «Unsterblichen Regiments». Ansonsten blieb es friedlich.
Es ist ein Wunsch vieler Russinnen und Russen, ihren Familienangehörigen zu gedenken.
Frithjof Benjamin Schenk ist Professor für osteuropäische Geschichte an der Universität Basel. Er hat die Diskussionen zur Gedenkfeier auf dem Friedhof Hörnli in den letzten Tagen aufmerksam mitverfolgt. «Vor dem Hintergrund, dass heute Russland diesen 9. Mai so sehr instrumentalisiert, hat der Gedenktag in Basel tatsächlich einen Beigeschmack», hält er fest. Denn Wladimir Putin feiert «den Tag des Sieges» in dutzenden russischen Städten mit riesigen Militärparaden.
Trotz der aktuellen weltpolitischen Situation habe dieser Anlass jedoch durchaus seine Berechtigung, gibt der Historiker zu bedenken. «Wir sollten wirklich vorsichtig sein, diesen Anlass in Basel auf eine Inszenierung zu reduzieren. Es ist tatsächlich ein Wunsch vieler Russinnen und Russen, ihren Familienangehörigen an diesem Tag zu gedenken.»