Ein paar Scheinwerfer, eine Musikanlage und auf beiden Seiten zwei Stuhlreihen: So ist die Turnhalle der Luzerner Strafanstalt Grosshof in einen Theaterraum verwandelt worden. Und dieser Tage führen dort zehn Inhaftierte ihr Stück auf. Ihr Stück ist keine Floskel: Die Gefangenen haben die Texte selber geschrieben.
Hinter dem Projekt steht die Theatergruppe «Ausbruch», die seit zehn Jahren Gefängnistheater organisiert, anfangs nur in der Justizvollzugsanstalt Lenzburg, seit zwei Jahren auch in weiteren Gefängnissen. Wie eben auch in Luzern.
Sie habe den Teilnehmern nur das Thema vorgegeben, nämlich: «Zweites Gebot – Du sollst den Namen der Herrin, des Herrn nicht missbrauchen», sagt Produktionsleiterin Lea Schwab. «Und dann haben wir mit den Gefangenen diskutiert, was das für sie heisst: Fluchen, Kraftausdrücke, Krieg im Namen Gottes und so weiter.» So sind persönliche Geschichten der Inhaftierten ins Theaterstück eingeflossen.
Für Schule keine Zeit. Ständig Schlägereien.
Ein syrischer Flüchtling etwa erzählt in einem beeindruckenden lyrischen Text aus seinem Leben. Von seiner Kindheit in der Heimat: «Ich habe gesehen, wie meine Freunde sterben, ich habe zwei Brüder verloren.» Von seiner Flucht: «Darum kamen wir in die Schweiz, mit der Hoffnung auf eine neue Welt.» Von seinen Schwierigkeiten hier: «Für Schule keine Zeit. Ständig Schlägereien.» Aber schliesslich auch von seiner Hoffnung: «Bitte, lieber Gott, verzeih mir, hol mich raus hier!»
Die besonderen Vorteile des Theaters
Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Sie ist nicht nur sein persönliches Anliegen. Sondern quasi auch der Grund, warum das Theaterprojekt überhaupt in die Strafanstalt kam. Es passe zum Auftrag ihrer Institution, sich um die Resozialisierung der Inhaftierten zu kümmern, erklärt Gefängnisdirektorin Andrea Wechlin, «denn eine Form der Vorbereitung auf den Austritt ist eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung.»
Im Vergleich zu anderen Aktivitäten wie Sport- oder Bildungsangeboten biete die Theaterarbeit sogar besondere Vorteile, sagt Wechlin: «Theater vereint körperliche und geistige Aktivitäten. Und man setzt sich mit sich selbst auseinander. Damit ist es umso sinnvoller.»
Während rund drei Monaten konnten die Teilnehmer jeweils einmal in der Woche proben. Das habe ihnen viel gebracht, sagt einer der Gefangenen: «Den Mut zu spüren, den es braucht, um mitzumachen. Und den Zusammenhalt, um es durchziehen zu können.» Und ein anderer Teilnehmer fügt an, es habe einfach gut getan: «Wir sind eingesperrt, wir haben sonst zu wenig Bewegung und zu wenig soziale Kontakte.»
Die Show ist wichtig
Theater als sinnvolle Aktivität, die die Gefangenen weiterbringt. Das sei auch ein Teil ihres Projekts, räumt «Ausbruch»-Produktionsleiterin Lea Schwab ein. Die Theaterarbeit im Gefängnis beinhalte tatsächlich viele psychologische Aspekte. Aber: «Uns vom Team ist es am wichtigsten, wirklich eine coole Show auf die Beine zu stellen. Der pädagogische Ansatz soll im Hintergrund bleiben.»
Das bedeutet in der Umsetzung auch: Die Gefangenen bringen nicht nur ihre eigenen Geschichten ein, sondern können auch mitbestimmen, wie sie umgesetzt werden. Beim Projekt im Luzerner Grosshof wollten sich viele Schauspieler mit Rap-Shows ausdrücken. Und da wurde dann die Musikanlage schon auch mal kräftig aufgedreht ...