Zum Inhalt springen

Gegen Stromknappheit Flusskraftwerke dürfen dank Sonderbewilligungen Grenzen ausreizen

Das Solothurner Parlament hat eine Notverordnung genehmigt. Damit kann ein Aare-Flusskraftwerk mehr Strom produzieren.

  • Der Solothurner Kantonsrat hat eine Notverordnung der Regierung bestätigt. Sie erlaubt, den Maximalpegel in der Aare beim Kraftwerk Ruppoldingen während des Winters auszureizen.
  • Auch im Aargau darf ein Flusskraftwerk seine Leistung im Kampf gegen die Stromknappheit steigern.
  • Für die Natur gebe es aktuell keine Nachteile, sagt ein Experte.

Jedes Kilowatt zählt. Das ist aktuell die Devise bei den Schweizer Stromproduzenten. Aus diesem Grund werden auch bei Flusskraftwerken in der Schweiz noch die letzten Reserven «herausgeholt». So zum Beispiel beim Flusskraftwerk Bremgarten-Zufikon an der Reuss. Hier staut der Aargauer Energiekonzern AEW das Wasser seit kurzer Zeit 10 Zentimeter höher als üblich.

Damit steigert sich die Stromproduktion um 0.3 Prozent. Das klingt nach wenig. «Es sind aber doch 70 bis 80 Haushalte, die wir damit das ganze Jahr mit Strom versorgen können», sagt Louis Lutz von der AEW Energie AG. «Das ist nicht nichts in dieser angespannten Zeit.»

Gebäude mit Alpiq-Schriftzug
Legende: Das Kraftwerk Ruppoldingen in Boningen (SO) steht direkt neben der Autobahn A1. SRF

Auch beim Aare-Kraftwerk Ruppoldingen der Firma Alpiq auf der Grenze zwischen den Kantonen Aargau und Solothurn liegt noch mehr drin. Mit der Ausnahme-Regel holt man jetzt immerhin vier Prozent mehr Leistung heraus. «Auch Kleinvieh macht Mist», sagt der zuständige Leiter Wasserbau beim Kanton Solothurn, Christoph Dietschi.

Kein Schaden für die Natur – zumindest im Winter

Die Vorgaben für die Wasserpegel in der Aare sind unterschiedlich, je nach Jahreszeit. Wird zu viel Wasser zurückgehalten, könnte dies zum Beispiel den Fischen schaden. Denn hinter dem Kraftwerk fehlt es dann an Wasser im Fluss. Nun darf man in Ruppoldingen den Wasserpegel bis im Frühling aber immer bis ans Maximum laufen lassen.

Die Auswirkungen auf die Natur kenne man, sagt Dietschi, der das Amt für Wasserbau in Solothurn leitet. «Im Sommer hätte ein zu hoher Wasserstand allenfalls negative Auswirkungen auf die Ökologie. Aber jetzt im Winter erachten wir diese als sehr gering.»

Für die höheren Pegel braucht es spezielle Bewilligungen. Der Kanton Aargau hat diese per Sonderverordnung erteilt. Im Kanton Solothurn hat die Regierung eine Notverordnung erlassen, das Kantonsparlament hat diese am Mittwoch mit 77 zu 2 Stimmen abgesegnet. Allerdings: Bei vielen Flusskraftwerken nützen auch solche Ausnahmebewilligungen nichts. Sie können nämlich gar nicht mehr Wasser «verarbeiten».

Es gibt Grenzen des Möglichen

Auch in Bremgarten-Zufikon ist man an der Grenze. Louis Lutz von der AEW Energie AG sagt: «Natürlich würden wir gerne noch mehr Wasser zu Strom machen. Aber noch höher stauen können wir aus technischen Gründen nicht, da sonst das Wasser über die Wehrklappen schwappt.» An anderen Orten ist die Höhe der Staumenge zum Beispiel durch Dämme beschränkt, die sonst überflutet würden.

Fazit: Auch die Flusskraftwerke liefern ihren Teil zur Vermeidung einer Stromkrise bei. Es gibt aber Grenzen. Daran ändern auch die im Schnellverfahren erteilten Bewilligungen der Kantone nichts.

SRF1 Regionaljournal Aargau Solothurn, 14.12.2022, 12:03 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel