Basis-Arbeit ist Knochenarbeit. In einem Wohnzimmer in der Nähe von Martigny trifft sich an diesem Abend im Februar eine Handvoll Frauen der Unterwalliser SVP. Einige sind krank, haben sich kurzfristig abgemeldet. Dennoch steht das Treffen für einen neuen Schwung innerhalb der SVP in der Romandie, denn solche Zusammenkünfte finden derzeit in verschiedenen Westschweizer Kantonen statt: Der Verein «Femmes UCD Romandes» (SVP-Frauen Romandie) soll wiederbelebt werden.
Gegengewicht zum Frauenstreik
Im Unterwallis hat Marie-Betrande Duay Anfang Jahr einen Aufruf innerhalb der SVP lanciert. Ihr Ziel: Rechtsbürgerlichen Frauen eine Stimme geben. Ihre Motivation dafür kommt ausgerechnet aus dem Frauenstreik. «Seit dem 14. Juni tragen Frauen ihre Anliegen laut auf die Strasse», sagt Duay. «Aber das sind linke Frauen.»
Bei Weitem nicht alle Frauen teilten die zahlreichen Forderungen des Frauenstreiks – das beginne bereits bei der Form des Protests an sich: «Für uns ist Streik keine Lösung, wir wollen lieber konkrete Massnahmen», so Duay. Das gehe nur zusammen mit den Männern und nicht gegen sie. «Die Männer sind unsere Verbündeten, wir ergänzen uns.» Es brauche ein Gegengewicht zu den linken Frauen.
Mein Ziel ist es, die Anliegen der Frauen aufzunehmen und daraus politische Vorstösse zu formulieren, die dann unsere Politikerinnen in den Parlamenten einbringen können.
Lucie Rochat ist seit eineinhalb Jahren Präsidentin des überkantonalen Zusammenschlusses der Westschweizer SVP-Frauen. Zuvor war die Organisation etwas eingeschlafen. Doch inzwischen hat Rochat fast in jedem Kanton eine «coordinatrice» (Koordinatorin) gefunden. Für Rochat geht es darum, die Sicht der Frauen von der Basis einzuholen, etwa auf die Bereiche Sozialversicherungen oder Krankenkassen. «Mein Ziel ist es, die Anliegen der Frauen aufzunehmen und daraus politische Vorstösse zu formulieren, die dann unsere Politikerinnen in den Parlamenten einbringen können – sei es kantonal oder national.»
Unter dem Radar der Deutschschweizer SVP
Lucie Rochat verschafft dem kleinen Verein zunehmend Gehör in den Medien, etwa in den Radiosendungen des Westschweizer Radios RTS. Sie setzt sich etwa für einen Vaterschaftsurlaub ein – entgegen der Deutschschweizer SVP. Aber sie politisiert auch stramm auf Parteilinie in Kernthemen wie der Europafrage.
Dennoch: In der Deutschschweizer SVP wird das Engagement der Westschweizer Frauen bisher kaum wahrgenommen. Dies, obwohl die Partei gerade in der Romandie grossen Nachholbedarf hätte, wie Parteipräsident Albert Rösti nach den Wahlverlusten im Herbst analysierte.
Céline Amaudruz, Mitglied der Parteileitung, ist derzeit die einzige Westschweizer SVP-Frau im Nationalrat. Sie bedauert, dass die SVP keine nationale Frauenorganisation mehr hat. Im Einklang mit dem Tenor in der Partei sagt sie: «Alle Frauen können an den Delegiertenversammlungen zu Wort kommen, das müssen wir auch nutzen.» Doch sie fügt an: «Wenn sich die Frauen nun besser vernetzen, kann das ein Antrieb sein, sich auch national zu organisieren.»
Tagesschau, 16.2.2020, 19:30 Uhr