Daten und Akten des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB), die im Bundesarchiv aufbewahrt werden, unterliegen einer Schutzfrist von 50 Jahren. So steht es im neuen Nachrichtendienstgesetz, das bei der Volksabstimmung im September 2016 mit 65,5 Prozent Ja-Stimmen angenommen worden ist.
Kaum bemerkt von der Öffentlichkeit möchte der Bundesrat diese Frist jetzt neu auf 80 Jahre verlängern:
Die 50-jährige Schutzfrist für Archivgut, das vom NDB [ ... ] stammt, und sich beim Inkrafttreten dieser Verordnung bereits im Bundesarchiv befindet, wird um 30 Jahre verlängert.
Politisch brisante Akten mit noch längerer Sperrfrist
Der Entwurf zur Verordnung zum Nachrichtendienstgesetz , der bis am 16. April in der Vernehmlassung gewesen ist, sieht eine um 30 Jahre verlängerte Frist für Geheimdienstakten vor. Damit bleiben pikanterweise auch Akten länger unter Verschluss, welche etwa die Beziehungen des NDB zu Südafrika in Zeiten des Apartheid-Regimes erhellen könnten. Ohne diese Schutzfristverlängerung wären die Südafrika-Akten in den nächsten Jahren zugänglich geworden.
Der Historiker Peter Hug , der im Rahmen eines Nationalen Forschungsprogramms die militärischen Beziehungen zu Südafrika untersucht hat, kritisiert, dass der Bundesrat gegen das Nachrichtendienstgesetz verstosse:
«Ich bin schon sehr erstaunt, dass jetzt der Bundesrat im Verordnungsentwurf gegen die klaren Bestimmungen von Artikel 68 im Nachrichtendienstgesetz verstösst, wo unmissverständlich steht: ‹50 Jahre Sperrfrist›. Das kann man nicht einfach aushebeln.»
Hug, der heute auf dem Generalsekretariat der SP Schweiz arbeitet, gibt zu bedenken, dass Nachrichtendienste sehr anfällig für Legenden und Verschwörungstheorien seien. Umso mehr müsste der Nachrichtendienst eigentlich ein eminentes Interesse daran haben, solchen Legendenbildungen, die seinem Ansehen schaden können, entgegen zu wirken. «Deshalb müsste der Nachrichtendienst für eine grössere Offenlegung seiner eigenen Akten eintreten.»
Im erläuternden Bericht zur Verordnung begründet der Bundesrat die Verlängerung der Schutzfrist nicht.
30 Jahre Verlängerung gab es auch beim VBS
Der Nachrichtendienst NDB hält dazu auf Anfrage von SRF fest: «Ausländische Nachrichtendienste haben das Recht, sich gegen die Herausgabe von Akten im Bundesarchiv zu wehren, sofern die Akten von ihnen stammten. Und zwar unbefristet. Deshalb habe man im Einverständnis mit dem Bundesamt für Justiz die Schutzfrist um 30 Jahre verlängert.»
Weshalb man gerade auf 30 Jahre gekommen ist, schreibt aber auch der NDB nicht.
Schon vor drei Jahren hat das Militärdepartement (VBS) die Schutzfrist für rund 160‘000 Armeedossiers im Bundesarchiv auf 80 Jahre verlängert. Aufgrund heftiger Kritik wurde dies aber inzwischen in den meisten Fällen wieder rückgängig gemacht. Nur noch rund 1000 Dossiers würden heute unter die Kategorie speziell geschützter militärischer Infrastruktur fallen, schreibt das Bundesarchiv.