Nur noch Tage bis zum Saisonhöhepunkt: dem Jubiläumsschwinget des Eidgenössischen Schwingerverbandes. Zu reden gab in dieser Saison aber immer wieder etwas anderes: die Stimmung an gewissen Schwingfesten.
«Wir müssen aufpassen, dass es keine fussballähnlichen Zustände gibt», sagt Schwingfunktionär Peter Imfeld zur «Rundschau» von SRF. Imfeld war selber einer der ganz «bösen» Innerschweizer Schwinger – Eidgenosse, zehnfacher Brünig-Kranzer.
«Es gibt Fanlager, die sind zu extrem»
«Ich kenne es von meiner Zeit, es war immer fair», sagt Imfeld, heute technischer Leiter beim Ob- und Nidwaldner Schwingerverband. «Heute gibt es Fanlager, die sind zu extrem.»
Auslöser der Diskussion war ein Gang zwischen dem Innerschweizer König Joel Wicki und einem unangenehmen Berner Gegner. Ein Kampf «David gegen Goliath». Die Berner Fans bejubelten frenetisch jede Verteidigungsaktion ihres Schwingers. Einen Sieger gab es nicht, der gestellte Gang wurde gefeiert wie ein Sieg – mit einer Welle.
Ein Wertestreit im Schwingen. Für die einen war es schlicht Freude über die Leistung des Underdogs, für die anderen eine Respektlosigkeit gegenüber dem Gast aus der Innerschweiz. Der Berner Christian Stucki, Schwingerkönig 2019, sagt: «Ich glaube, das ist kein Berner Problem. Als ich in der Inner- oder Ostschweiz war, gab es das auch schon. Ich finde das nicht so tragisch.»
Der Innerschweizer Pirmin Reichmuth gehört zu den besten Schwingern des Landes: «An gewissen Festen gibt es Leute, die kennen die Schwingerwerte nicht», sagt er. «Pfeifen hört man immer mehr. Das geht gar nicht.»
Redet er von Schwingerwerten, meint er: Anstand, Respekt, Kameradschaft. «Wir müssen schauen, dass diese nicht verschwinden. Sie sind ja genau der Grund, dass Schwingen so boomt.»
Zuschauerzahlen steigen
Nicht nur die eidgenössischen Feste boomen seit Jahren, auch die andere Kranzfeste werden immer grösser. Beispiel: Das Bernisch-Kantonale Schwingfest in St. Stephan hatte vor 20 Jahren 3500 Zuschauer, Mitte August in Burgdorf waren es fast 12'000. Zum Nordostschweizer Schwingfest 2004 kamen 5000, zwanzig Jahre später gegen 10'000 Schwingfans.
Ist die teils polemische Stimmung die Schattenseite der Kommerzialisierung? «Schattenseite würde ich nicht sagen», sagt Markus Lauener, Obmann des Eidgenössischen Schwingerverbandes. «Das Publikum ist vielleicht anders durchmischt.» Man wolle Stimmung in den Arenen. Lauener: «Rivalitäten sind da zwischen den Teilverbänden. Aber klar: Wir wollen das nicht pushen, wie wir auch nicht wollen, dass gepfiffen wird.»
Der Berner Spitzenschwinger Florian Gnägi ist im Athletenrat der Schwinger – wie auch sein Innerschweizer Kollege Reichmuth. Er sagt: «An gewissen Festen war es meiner Meinung nach zu viel; der Respekt sollte bewahrt werden.»
Er will das Thema Ende Saison im Athletenrat besprechen und dann auf den Verband zugehen. «Vielleicht ein Verhaltenskodex für die Schwingfans, das kommt mir spontan in den Sinn», sagt Gnägi.