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Geld verdienen mit Wasserkraft Bündner Gemeinde Surses erneuert Konzession mit EWZ nicht

In Graubünden laufen viele Konzessionen für Wasserkraftwerke aus. Gemeinden und Kanton wollen in Zukunft mehr zu sagen haben.

Der Entscheid an der Urne war klar: 70.4 Prozent der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger von Surses wollen die Konzessionen für ihre Wasserkraftwerke Tinizong und Nandro neu aushandeln. Sie haben einen Antrag des Elektrizitätwerks Zürich (EWZ) abgelehnt, welches seine bestehende Konzession vorzeitig verlängern wollte.

Die Wasserrechtskonzessionen laufen am 31. Mai 2035 aus. Die Gemeinde muss mindestens zehn Jahre vorher entscheiden, ob sie grundsätzlich mit einer Verlängerung einverstanden ist. Geprüft wird jetzt die Möglichkeit eines sogenannten «Heimfalls», mit dem die Gemeinde die Wasserkraftwerke ab 2035 gemeinsam mit dem Kanton selber übernehmen würde.

Ein Flusskraftwerk
Legende: Die Wasserkraftwerke Tinizong (Bild) und Nandro produzieren pro Jahr im Schnitt insgesamt 200 Gigawattstunden Strom. Elektrizitätswerk Zürich ewz

Für die Talgemeinde Surses, zu der auch der Ferienort Savognin gehört, beginnt jetzt ein langer Prozess. Sie wird nun gemeinsam mit dem Kanton, Investoren und anderen Betreibergesellschaften Abklärungen machen müssen. Zu klären ist beispielsweise, welchen Wert die Anlagen haben und welche Ausgaben auf die künftigen Betreibergesellschaften zukommen werden.

Heimfall als eine von drei Optionen

Wenn sich Gemeinde und Kanton auf einen Heimfall einigen, können sie alle Anlageteile, welche mit dem Wasser in Berührung kommen, unentgeltlich vom EWZ übernehmen. Der Preis für die trockenen, elektromechanischen Teile müsste von einem Expertengremium noch festgelegt werden.

Surses kann sich aber auch wieder für das EWZ als Konzessionärin entscheiden oder einem neuen Betreiber den Zuschlag geben.

«Heimfall»-Strategie des Kantons GR

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Ein gefrorener Stausee mit Schild Staudamm Marmorera
Legende: Keystone/Arno Balzerini

Im Kanton Graubünden laufen in den nächsten 30 Jahren bis zu 20 Konzessionen von Wasserkraftwerken aus. Regierung und Parlament verfolgen die Strategie, dass auslaufende Verträge mit den Stromfirmen nicht mehr verlängert werden und die Wasserkraftwerke zu einem günstigen Preis an die Gemeinden und den Kanton zurück gehen. Unter diesen Bedingungen sollen die Konzessionen dann neu vergeben werden – mit dem Kanton und den Gemeinden als Hauptaktionäre.

Dieses Vorgehen wird als «Heimfall» bezeichnet. Ziel von Parlament und Regierung ist es, dass der Staat bei der Wasserkraft wieder mehr zu sagen hat.

Parlament und Regierung erhoffen sich so eine erhöhte Wertschöpfung aus der Wasserkraft. Bis 2050 sollen die Beteiligung der öffentlichen Hand an Wasserkraftwerken auf bis zu 80 Prozent steigen.

Andy Kollegger, Präsident der Interessensgemeinschaft Konzessionsgemeinden Graubünden, hat schon im Vorfeld der Abstimmung betont, dass es bei einem Heimfall Chancen und Risiken gebe.

Die Chance ist, künftig an hohen Strompreisen partizipieren zu können.
Autor: Andy Kollegger Präsident der IG Konzessionsgemeinden Graubünden

Mit Wasserkraft lässt sich Geld verdienen. «Die Chance ist, künftig an hohen Strompreisen partizipieren zu können», sagt Energieexperte Kollegger. Gleiche Interessen dürfte der Kanton Graubünden haben.

«Gleichzeitig muss man ein Werk auch sanieren, unterhalten und betreiben», sagt Kollegger weiter. Und das Marktumfeld sei unberechenbarer geworden. Zudem werde die Einspeisung von Solarenergie das Marktumfeld weiter verkomplizieren.

An Marmorera hängen viele Emotionen

Das Herzstück der Anlagen in der Gemeinde Surses ist der Stausee von Marmorera. Für ihn wurde Anfang der 1950er Jahre das alte Dorf Marmorera gesprengt und geflutet. Die Einwohnerinnen und Einwohner wurden umgesiedelt. Einige von ihnen wehrten sich und bauten ihr Marmorera am Hang neben dem See wieder auf.

Der Stausee Marmorera und das Kraftwerk Tinizong sind zurzeit im Besitz des Elektrizitätswerks Zürich EWZ. Sie werden von diesem über die Kraftwerke Mittelbünden betrieben.

EWZ macht der Gemeinde ein Angebot

Beim Zürcher Energieversorger hatte man im Vorfeld der Abstimmung von einem längeren, intensiven Weg gesprochen, der in Surses beschritten werde. Möglicherweise komme die Gemeinde am Schluss doch zur Überzeugung, dass eine Rekonzessionierung das Beste wäre.

Dann hätten sie immer noch die Möglichkeit, darauf einzutreten. In einer ersten Reaktion auf das Abstimmungsergebnis hat das EWZ am Sonntag mitgeteilt, dass sie der Gemeinde Surses ein Angebot machen werde.

Regionaljournal Graubünden, 21.01.2024, 17:30 Uhr ; 

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