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Teure Verspätungen
Aus Echo der Zeit vom 28.05.2018. Bild: Keystone
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Geld zurück bei Verspätung Entschädigen ja, aber wie?

Enttäuschte Passagiere werden künftig entschädigt. Die Details bleiben offen – sehr zum Ärger der Verkehrsministerin.

Einer von zehn Zügen bei der SBB hat im letzten Jahr sein Ziel nicht pünktlich erreicht. Das heisst, dass er mit mehr als drei Minuten Verspätung in den Bahnhof eingefahren ist. «Sorry» sagt die SBB heute aber nur bei mehr als 60 Minuten Verspätung. Dann erhalten die Passagiere eines Fernverkehrszuges einen Bon im Wert von zehn Franken in der 2. Klasse beziehungsweise von 15 Franken in der 1. Klasse. Die SBB tut dies freiwillig.

Jetzt sollen Entschädigungen zur Pflicht werden. Wenn sich ein Zug verspätet oder ein Kurs ganz ausfällt, sollen Reisende eine Fahrpreisentschädigung verlangen dürfen. So lautet die neue Formulierung im Personenbeförderungsgesetz, die nach dem Nationalrat nun auch der Ständerat abgesegnet hat.

Janiak: Berechtigter Anspruch, rechtzeitig anzukommen

Der Präsident der Verkehrskommission, der Baselbieter SP-Ständerat Claude Janiak betont: «Sie zahlen ja etwas für ein Ticket, oft nicht wenig. Dann dürfen sie auch den Anspruch haben, dass sie rechtzeitig ankommen.» Zudem legten die Bahnen Wert auf die Pünktlichkeit, die ein Aushängeschild sei.

Allerdings sollte man sich jetzt nicht zu früh freuen. Denn der Ständerat mag sich im Gegensatz zu Bundesrat und Nationalrat nicht festlegen, ab wann es eine Entschädigung geben soll. Die Landesregierung und die grosse Kammer wollten Zahlungen eigentlich bei Verspätungen von über einer Stunde zur Pflicht machen. 25 Prozent des bezahlten Fahrpreises würde es dann geben. Und gar die Hälfte des Ticketpreises, wenn die Verspätung mehr als 120 Minuten beträgt. Dies entspricht der Regelung, wie sie auch die EU kennt. Doch der Ständerat hat diese konkreten Vorgaben heute aus dem Gesetz gestrichen.

Nur der Grundsatz soll ins Gesetz

Kommissionspräsident Janiak begründet: «Wir wollen sicher nicht so weit gehen und so detailliert sein wie die EU. Wir möchten einfach den Grundsatz ins Gesetz schreiben, die Details sollen in einer Verordnung geregelt werden.» Nach seinen Worten wäre es «absurd», ins Gesetz zu schreiben, wie viele Franken es bei wie viel Minuten Verspätung gibt. Der Bundesrat soll also später definieren, wie hoch die Entschädigungen ausfallen müssen.

Wir wollen sicher nicht so weit gehen und so detailliert sein wie die EU.
Autor: Claude Janiak Kommissionspräsident, SP/BL

Branche lobt pragmatischen Ansatz

Dass nun keine konkreten Vorgaben mehr im Gesetz stehen, freut die Transportunternehmen des öffentlichen Verkehrs, die sich ursprünglich noch gegen zwingende Entschädigungen bei Verspätungen ausgesprochen hatten. «Diese Variante ist lebbar. Wir sehen das Bedürfnis unserer Kundschaft. Wir sind auf eine pragmatische Lösung angewiesen», erklärt der Direktor des Verbands öffentlicher Verkehr, Ueli Stückelberger: Pragmatisch sei, dass man Ausnahmen vorsehe: «Es kann nicht sein, dass beispielsweise bei einer Lawine bei der Rhätischen Bahn alle Kunden entschädigt werden müssen, weil ein Zug auf der Reise von Hamburg nach St. Moritz Verspätung hat».

Leuthard kämpft für gesetzliche Lösung

Der Ständerat schiebt den Schwarzen Peter also an den Bundesrat weiter. Sehr zum Ärger von Verkehrsministerin Doris Leuthard. «Es ist ohne gesetzliche Grundlage einfach relativ schwierig herauszufinden, was Sie wollen», tadelte die Bundesrätin die kleine Kammer. Sie ergänzt: «Hier werden wir uns die Zähne ausbeissen, wenn wir ohne gesetzliche Grundlage irgendeine vernünftige Lösung finden müssen, die dann nicht zu sehr die Unternehmen belastet, aber auch fair ist für den betroffenen Passagier.»

Hier werden wir uns die Zähne ausbeissen...
Autor: Doris Leuthard Verkehrsministerin

Wer in Zukunft Entschädigungen erhält und wie hoch sie ausfallen, bleibt also offen. Und damit auch, wie viel die Transportunternehmen künftig dafür aufwenden müssen. Bei seinem ursprünglichen Vorschlag – der Regelung wie in der EU – war der Bundesrat noch von einer Summe von einer halben Million Franken pro Jahr zulasten der Transportunternehmen ausgegangen. Nun ist wieder der Nationalrat am Zug. Er muss entscheiden, ob er an konkreten Vorgaben für Entschädigungen festhalten will.

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