- Seit dem 1. September gelten in Birsfelden Fahrverbote in bestimmten Quartierstrassen.
- Wer dort ohne Bewilligung durchfährt, erhält automatisch eine Busse.
- Täglich werden über 1000 Übertretungen registriert, die Gemeinde kommt mit dem Ausstellen der Bussen kaum nach.
- Der TCS kritisiert die Regelung und will sich wehren.
Désirée Jaun staunt. Die SP-Gemeinderätin und Vizepräsidentin der Gemeinde Birsfelden BL ist zuständig für die Bussenflut in ihrer Gemeinde. Einen Monat, nachdem die neuen Regelungen in Kraft sind, verzeichnet die Gemeinde über 1000 Übertretungen pro Tag.
Erlaubt sind Fahrten von Anwohnenden, Lieferdiensten oder mit Ausnahmebewilligung. Wer ohne Berechtigung durch die Quartierstrassen fährt und dies in weniger als 15 Minuten tut, wird automatisch gebüsst.
Die Gemeindekasse klingelt
«Wir haben die Fahrverbote deutlich signalisiert. Warum sie dennoch so häufig missachtet werden, können wir uns nicht erklären», so Jaun. Bei über 1000 registrierten Übertretungen pro Tag summieren sich die Einnahmen auf mehr als 100'000 Franken täglich.
In Birsfelden gelten die neuen Fahrverbote seit Anfang September in ausgewählten Quartierstrassen. Ziel der Massnahme ist es, den Durchgangsverkehr zu reduzieren und die Lebensqualität in den betroffenen Wohngebieten zu verbessern.
Birsfelden sucht Verstärkung für Bussenbearbeitung
Die Birsfelder Bussenflut bringt einen grossen administrativen Aufwand mit sich. Die hohe Zahl an Übertretungen bringt die Gemeindeverwaltung Birsfelden an ihre Belastungsgrenze. Bereits drei Mitarbeitende sind mit der Bearbeitung der Bussen beschäftigt.
Wir suchen derzeit dringend Unterstützung, um die grosse Menge an Übertretungen zu bewältigen.
Nun wird zusätzliches Personal gesucht. «Wir suchen derzeit dringend Unterstützung, um die grosse Menge an Übertretungen zu bewältigen», sagt Gemeindevizepräsidentin Désirée Jaun. Am Schalter der Gemeinde bilden sich seit der Einführung der neuen Verkehrsregeln regelmässig lange Schlangen.
Um auch ortsfremde Verkehrsteilnehmende zu erreichen, hat die Gemeinde die führenden Navigationsdienste gebeten, die neuen Fahrverbote in ihre Routenvorschläge zu integrieren. «Bedauerlicherweise haben bisher nur wenige Anbieter diese Anpassungen umgesetzt», heisst es aus dem Gemeinderat.
TCS kündigt rechtliche Schritte an
Der Touring Club Schweiz (TCS), Sektion beider Basel, übt scharfe Kritik an den neuen Fahrverboten in Birsfelden. Präsident Christophe Haller bemängelt insbesondere die unzureichende Signalisation: «Wir haben viele Mitglieder, die gebüsst wurden – teils in absurden Fällen.» Ein Grenzgänger aus Frankreich sei sogar fünfmal gebüsst worden. «Der Mann hat Angst um seinen Job und will deshalb keinen Rekurs einlegen.»
Die Regelungen sorgen mittlerweile auch in französischen Medien für Schlagzeilen. Solche Beispiele zeigten, dass Birsfelden den falschen Weg eingeschlagen habe, ist Haller überzeugt: «Ich verstehe das Anliegen, den Durchgangsverkehr zu reduzieren – aber das ist der falsche Weg.»
Der TCS zweifelt zudem an der rechtlichen Grundlage der automatischen Kontrolle. «Wir lassen nun einen Präzedenzfall laufen», kündigt Haller an. Der Club geht juristisch gegen die Gemeinde vor – mit dem Ziel, zu verhindern, dass das Birsfelder Modell in der Region Schule macht.