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Genfer Flughafen-Initiative «Umweltthemen liegen den Genfern am Herzen»

Der Kanton Genf hat Ja gesagt zur Flughafen-Initiative. Damit soll das Kantonsparlament die Entwicklung des zweitgrössten Flughafens der Schweiz mitbestimmen können. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) wird aber auch künftig das letzte Wort haben. Ein Widerspruch? SRF-Westschweiz-Korrespondentin Barbara Colpi sieht vor allem Spielraum bei Detailfragen.

Barbara Colpi

Westschweiz-Korrespondentin

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Barbara Colpi ist seit 2005 bei Radio SRF tätig. Seit dem Frühjahr 2016 ist sie Westschweiz-Korrespondentin. Ihre journalistische Laufbahn begann die studierte Sozialanthropologin bei Radio Freiburg.

SRF News: Das Genfer Stimmvolk will die Zukunft seines Flughafens mitsteuern. 56,27 Prozent sagten Ja zur entsprechenden Verfassungsinitiative. Was bedeutet das?

Barbara Colpi: Konkret wird in der Verfassung festgehalten, dass nicht nur der Regierungsrat, sondern auch das Parlament und die Gemeinden ein Mitspracherecht haben und Entscheide des Verwaltungsrates des Flughafens absegnen müssen. Der Flughafen Genf ist – anders als jener in Zürich – in den Händen des Kantons. Darüber, was das nun für die Entwicklung des Flughafens bedeutet, gehen die Meinungen aber auseinander.

Wirtschaftsverbände sehen seine Zukunft gefährdet. Ähnlich argumentierte auch die Regierung. Sie hatte ein Gegenprojekt zur Initiative ausgearbeitet, das weniger weit ging. Gestern betonte die Regierung dann besorgt, wie wichtig der Flughafen für die Dynamik des Standortes Genf sei.

In der Luftverkehrspolitik hat grundsätzlich das Bazl das letzte Wort. Kann diese Initiative also überhaupt umgesetzt werden?

Der Bund gibt in der Tat im Sachplan Infrastruktur Luftfahrt die Rahmenbedingungen vor. Dieser Plan wurde für den Genfer Flughafen vor rund einem Jahr verabschiedet. Darin gibt der Bund vor, dass es möglich sein muss, die Passagierzahlen von aktuell rund 17.5 Millionen pro Jahr auf 25 Millionen pro Jahr bis 2030 steigern zu können. Daran gibt es grundsätzlich nichts zu rütteln. An den Details aber schon. Im Plan ist zum Beispiel festgehalten, dass bis Mitternacht in Genf gelandet werden darf, also eine Stunde länger als in Zürich. Die Flugbewegungen ab 22 Uhr wollen die Initianten einschränken. Diesbezüglich gibt es Verhandlungsspielraum.

Abflughalle Genf
Legende: Die Zahl der Passagiere am Flughafen Genf hat sich innerhalb von 15 Jahren verdoppelt. Keystone

Wirtschaftskreise bekämpften die Initiative vehement. Weshalb?

Sie befürchten, dass der Flughafen Genf weniger attraktiv sein wird. Beispielsweise wenn Fluggesellschaften immer mehr Strafgeld bezahlen müssen, wenn sie nach 22 Uhr landen oder abfliegen, oder auch wenn sie nicht mit den neuesten Maschinen, die weniger Lärm verursachen, nach Genf kommen. Genf ist die Nummer zwei hinter Zürich. Und je mehr in den Handlungsspielraum des Flughafens eingegriffen werde, desto weniger könne er sich entwickeln, was Folgen für den Standort hätte, so die Befürchtung.

Vielen ist es ein Dorn im Auge, dass Paris die am zweithäufigsten angeflogene Destination ist.

Den Initianten ging es auch um die Lebensqualität jener, die in Flughafennähe wohnen. Zugestimmt hat aber der ganze Kanton. Wieso?

Es zeigte sich in dieser Abstimmung, wie sehr Umweltthemen den Genfern am Herzen liegen. Vielen ist zum Beispiel ein Dorn im Auge, dass nach London Paris die am zweithäufigsten angeflogene Destination ist. Dabei ist Paris mit dem Zug von Genf aus in gut drei Stunden zu erreichen. Bei den Nationalratswahlen im Oktober waren die Grünen die Partei mit dem höchsten Wähleranteil in Genf. Etwas mehr als jeder Vierte hat den Grünen die Stimme gegeben. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass die Initiative angenommen wurde.

Das Gespräch führte Christina Scheidegger.

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