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Genfer Gemeindepolizei Polizisten haben oft Angst, einzugreifen

Mit Angst ist gute Arbeit unmöglich: Ein Bericht kritisiert die Lage der kommunalen Ordnungshüter und regt Reformen an.

Die 360 Gemeindepolizistinnen und -polizisten im Kanton Genf müssen auf den Strassen Präsenz markieren und die Einwohner kennen. Sie sind oft zu Fuss auf Patrouille unterwegs, zuständig für leichte bis mittelschwere Delikte wie etwa Verstösse gegen das Betäubungsmittelgesetz.

Mit Pfefferspray und Stock auf Streife

Eine Verkehrskontrolle in der Nacht oder einen in flagranti erwischten Straftäter auf den Polizeiposten fahren – das machen Genfer Gemeindepolizisten nicht gerne, weil es brenzlig werden könnte. Denn sie tragen keine Waffe, sondern habe nur einen Pfefferspray, Handschellen und einen Stock bei sich.

Auch ein nationales Polizeibrevet besitzen Genfer Gemeindepolizisten nicht. Es mangelt ihnen also an Ausrüstung und an Ausbildung. Und zwar in einem Ausmass, dass sie ihre Aufgaben nicht richtig erfüllen können, wie ein Bericht des Genfer Rechnungshofs zeigt. «Sie weichen gewissen Situationen aus, weil sie unbewaffnet und ungenügend ausgebildet sind», sagt die Verfasserin des Berichts, Isabelle Terrier. Das sei nicht sehr effizient bei einem Sicherheitsorgan.

Sie weichen gewissen Situationen aus, weil sie unbewaffnet und ungenügend ausgebildet sind.
Autor: Isabelle Perrier

Jeder Zweite fühlt sich nicht sicher im Dienst

Die Lage ist auch für die Polizisten unbefriedigend: Laut einer Umfrage fühlt sich über die Hälfte nicht sicher, und drei Viertel möchten eine Pistole tragen. Dann wären sie ausgerüstet wie die 180 Kollegen einer speziellen Einheit der Genfer Kantonspolizei, die zwar auch in den Gemeinden für die Sicherheit sorgen, aber bewaffnet sind.

Neuorganisation dringend empfohlen

Doch es gibt noch weitere Probleme: Die Gemeindepolizei ist in jeder Gemeinde anders organisiert und übernimmt unterschiedliche Aufgaben. Für die Genfer Bürgerinnen und Bürger ist so eine Gleichbehandlung nicht gewährleistet.

Nicht zuletzt klappt die Zusammenarbeit mit der Kantonspolizei schlecht. Die Gemeindepolizeien haben keinen Zugriff auf wichtige Fahndungssysteme. Perrier fordert deshalb in einem Bericht eine grundlegende Neuorganisation.

Einheitspolizei – erst wenige Kantone haben sie

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Gesamtschweizerisch haben die Kantone Bern, Luzern, Neuenburg, Schaffhausen und Zug eine Einheitspolizei zumindest beschlossen oder bereits eingeführt. Dieses Modell wurde hingegen in den Kantonen Aargau, Graubünden, Solothurn, St. Gallen, Waadt, Wallis und Zürich verworfen.

Poggia: «Jetzt braucht es einen Chefdirigenten»

Die Genfer Regierung hat das akzeptiert und spricht sich für eine Art Einheitspolizei aus, wie sie etwa die Kantone Bern, Luzern und Neuenburg kennen. So sollen die Gemeindepolizisten nun besser ausgebildet und der Kantonspolizei angegliedert werden. Die Neuorganisation soll innert dreier Jahre abgeschlossen sein.

Es herrsche schon länger ein Unbehagen, auch wenn das bis zu diesem Bericht niemand klar gesagt habe, stellt der Genfer Polizeidirektor Mauro Poggia fest. Und er betont: «Es darf nicht mehr zwei Orchester mit verschiedenen Partituren geben, es braucht einen Chefdirigenten.»

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