Das Gentechmoratorium in der Schweiz ist im Parlament bis 2030 verlängert worden, aber mit Ausnahmen: Für neue Technologien wie die Genschere CRISPR/CAS, die neue Züchtungen ermöglicht, soll das Verbot nicht gelten.
Diese Aufweichung kommt bei Umweltschutz- oder Landwirtschaftsorganisationen nicht gut an. Biosuisse ist zwar nicht grundsätzlich gegen Gentechnik. Aber im Biolandbau soll sie nicht eingesetzt werden, betont der Verband.
Agrarwissenschafter Urs Niggli, Vordenker des biologischen Landbaus, sieht in der Ablehnung eine verpasste Chance: «Man müsste diese Position einmal überdenken.» Urs Niggli war 30 Jahre lang Direktor des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FIBL). In einer Langzeituntersuchung hat das FIBL festgestellt: Der Bio-Landbau der Schweizer Knospe und des anthroposophischen Labels Demeter ist zwar sehr umweltfreundlich, aber die Ernten sind kleiner.
Biosuisse müsste sich bewegen, ist Urs Niggli überzeugt: «Hier würden Sorten, die eine hohe Qualität haben, einen hohen Ertrag bringen und keinen Pflanzenschutz brauchen, die Produktivität massiv verstärken.»
Mit der Genschere gegen Ertragslücken?
Die Genschere CRISPR verändert das Erbgut einer Pflanze, Kartoffeln etwa können mit Schnitten ins Erbgut gegen die Kraut- und Knollenfäule resistent gemacht werden. Dabei würden DNA-Bausteine gelöscht, ausgetauscht oder eingesetzt.
Gerade jetzt, sagt Urs Niggli, wo der Bio-Markt stagniere, sollten die Biobäuerinnen und -bauern die Ertragslücken mit neuen, widerstandsfähigeren Züchtungen schliessen: «Zum Beispiel werden Kartoffeln nach wie vor mit Kupfer gespritzt. Wenn man hier eine resistente Sorte einsetzen könnte, die mit Genomeditierung erzeugt würde, würden die Bodenfruchtbarkeit und die Lebewesen noch viel besser geschützt werden.»
Was wir sehen, sind einzelne kosmetische Verbesserungen.
Bei Biosuisse räumt Mediensprecher David Hermann ein, dass andere Sorten oder andere Pflanzenschutzmittel als Kupfer eine mögliche Lösung sein könnten, aber es gebe Alternativen zur Genschere: «Wir sind der Meinung, das zeigt auch die Forschung, dass man auf resistente Sorten setzen kann, ohne chemisch-synthetische Pestizide oder Gentechnik anwenden zu müssen.»
Biosuisse sieht keinen Mehrwert in Gentech-Sorten
Die Untersuchung des FIBL zeigte jedoch, dass die Bio-Bauern bei Kartoffeln im Schnitt rund ein Drittel weniger ernten können als jene, die auf herkömmliche Anbaumethoden setzen. Solche Ertragslücken mit gentechnisch veränderten Sorten zu schliessen, kann sich Biosuisse trotzdem nicht vorstellen: «Die Menschen vertrauen der Marke Biosuisse und der Knospe. Sie wissen, dass Bio ohne Pestizide und ohne Gentechnik hergestellt wurde. Da wäre es falsch, wenn wir neue Verfahren zulassen würden.»
Bis jetzt hätten die Versuche mit der Genschere auch keine überzeugenden Züchtungen hervorgebracht, sagt David Hermann. Trotz zehn Jahren Forschung brächten diese Sorten keinen Mehrwert für die Bio-Landwirtschaft: «Wir sehen einzelne kosmetische Verbesserungen, etwa, dass Äpfel nicht mehr braun werden. Aber Verbesserungen bei Ertrag oder Resistenz haben wir bis jetzt noch wenig gesehen.»
Statt für Gentechnik plädiert Biosuisse für eine Umstellung des ganzen Versorgungssystems: Etwa das Getreide vor allem den Menschen geben und nicht den Tieren. Und: Keine Lebensmittel mehr verschwenden.