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Genug vom dreckigen Diesel Mobility stellt auf Benziner um

Der Diesel-Skandal weitet sich auf die Schweiz aus. Neuste Messungen liegen der «Rundschau» vor: Der Renault Mégane stösst auf der Strasse 17 mal mehr giftige Stickoxide aus als die Labor-Grenzwerte. Die Bundesanwaltschaft prüft ein Verfahren. Autovermieter Mobility zieht Konsequenzen.

Das 2016er-Renault-Modell «Mégane» stösst auf der Strasse siebzehn mal mehr giftige Stickoxide aus als die Labor-Grenzwerte. Dies belegen neueste Messungen und Testfahrten der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt Empa. Der «Rundschau» liegt der neueste Strassentest im Auftrag des Bundesamts für Umwelt exklusiv vor. Darin misst die Empa bei Fahrten auf der Strasse 1400 Milligramm krebserregendes Stickoxyd – der Grenzwert im Labor liegt bei 80 mg/km.

Mobility reagiert: «Wir ersetzen 700 Diesel-Autos»

Der Dieselskandal hat auch einen der grössten Schweizer Autokäufer aufgeschreckt: Mobility. Der Autovermieter will Klarheit, wie dreckig Dieselautos tatsächlich sind. Mobility-Sprecher Patrick Eigenmann bestätigt gegenüber der «Rundschau»: «Wir werden nach und nach 700 Dieselautos durch Autos mit Benzinmotoren ersetzen. Wir fordern von Herstellern und Gesetzgebern ein Umdenken.»

Empa: «Überrascht von hohem Ausstoss»

Pikant: der beliebte Renault Mégane ist mit dem modernstem Euro6-Motor ausgerüstet und wurde jüngst von der «Schweizer Illustrierten» zum «Auto des Jahres 2017» gekürt. Empa-Forschungsleiter Christian Bach: «Die Abgasrückführung funktioniert beim Fahren auf der Strasse nicht und ist abgeschaltet. Diese hohen Messwerte haben selbst uns überrascht.»

«Wir werden nach und nach 700 Dieselautos durch Autos mit Benzinmotoren ersetzen. Wir fordern von Herstellern und Gesetzgebern ein Umdenken.»
Autor: Patrick Eigenmann Mobility-Sprecher

Christian Bach gilt als einer der renommiertesten Motorenforscher Europas. Bach zur «Rundschau»: «In unseren Labormessungen messen wir rund zehn Mal weniger giftige Stickoxide als die Autos tatsächlich auf der Strasse ausstossen. Das gilt eigentlich für alle Fahrzeughersteller.»

Renault Schweiz verweigerte ein Interview zu den Empa-Messresultaten. Laurent Burgat, Kommunikationsdirektor von Renault-Chef, schreibt der «Rundschau»: «Unsere Fahrzeuge verfügen über keine zusätzliche Vorrichtung oder Software, um Vorschriften zu umgehen. Alle zugelassenen Fahrzeuge halten die Vorschriften ein.» Renault habe Massnahmen ergriffen, um Stickoxidemissionen im Kundenalltag zu reduzieren, heisst es gegenüber der «Rundschau»: Betroffene Kunden können ihre Dieselautos in den nächsten Wochen nachrüsten lassen.

Bundesanwaltschaft prüft Strafverfahren

Seit letzter Woche ermittelt die französische Justiz wegen mutmasslichen Abgasmanipulationen gegen den Autokonzern. Renault ist im Diesel-Skandal kein Einzelfall: Die USA ermitteln nach VW auch gegen Fiat-Chrysler wegen Abgasmanipulationen. Bereits im Dezember hat die Schweizer Bundesanwaltschaft bei VW-Importeur Amag Dokumente gesichert – wegen Verdacht auf Mittäterschaft an mutmasslichem Betrug.

Die neusten Empa-Messungen bringen nun auch die Schweizer Bundesanwaltschaft zum Handeln. Sprecher André Marty gegenüber der «Rundschau»: «Unsere Aufgabe ist es festzustellen, ob genügend strafrechtliche Elemente vorliegen. Das heisst: Wurde hier allenfalls manipuliert, was sind die Grundlagen für diese harten Beschuldigungen. Die Bundesanwaltschaft prüft, ob sie zuständig ist und ob genügend rechtliche Grundlagen vorliegen, um allenfalls ein Strafverfahren zu eröffnen.»

Politiker fordern Importverbot

Politiker wie CSP-Nationalrat Karl Vogler fordern den Bund jetzt auf, einen sechsmonatigen Importstopp für besonders schmutzige Dieselautos zu verhängen. Nationalrat Karl Vogler: «Wir dürfen nicht vor der EU kuschen.»

Laut dem Europarechts-Spezialisten Markus Kern vom Institut für Europarecht der Uni Freiburg kann der Bund tatsächlich seine Grenzen dicht machen, auch wenn die schmutzigen Dieselautos in der EU bereits zugelassen sind.

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