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Geschichte der Bundesanwälte Die glücklosen Bundesanwälte der letzten 70 Jahre

Kein leichter Job: Der oberste Ankläger der Schweiz wird oft kritisiert und angefeindet. Die brisanten Fälle im Rückblick.

«Von der Fasnacht spricht man, bis sie kommt. Vom Bundesanwalt, bis er geht.» Die Worte waren bitterbös, aber gleichzeitig prophetisch. Der Mann, der diese Worte mit spitzer Feder zu Papier brachte, war der Zürcher Staatsrechtler Jakob Schollenberger. Das war im Jahr 1905.

Die Schweiz verfügte zu diesem Zeitpunkt zwar erst seit 16 Jahren über das Amt eines ständigen Bundesanwalts. Aber der oberste Ankläger der Eidgenossenschaft war bereits unter Beschuss.

Und ist es – mit wenigen Ausnahmen – bis heute geblieben. Das zeigen Beispiele aus den letzten 70 Jahren.

Die kritisierten Bundesanwälte

Beispiel 1: Der Tote auf dem Estrich

«Bundesanwalt René Dubois, der höchste Ankläger der Eidgenossenschaft, hat sich selbst gerichtet», meldet die Zeitung «Der Bund» am 25. März 1957.

Dubois, der erste sozialdemokratische Bundesanwalt, hat sich auf dem Dachboden seiner Wohnung mit der Armeepistole eine Kugel in den Kopf geschossen. Der 48-Jährige hatte – mitten in der Suezkrise – seinem vermeintlichen Freund und Attaché der französischen Botschaft in Bern vertrauliche Informationen über Algerien und Arabien ausgehändigt. Dubois sei Opfer einer Geheimdienst-Verschwörung geworden, wird bis heute gemunkelt.

Beispiel 2: Der Sex-Heftli-Jäger

«Wenn Walder nun sein Amt verlässt, mag die Bundesanwaltschaft ohne ihren prägnanten Kopf, etwas aus der Schusslinie geraten», kommentiert die Zeitung «Die Tat» am 25. Februar 1973 den Rücktritt von Bundesanwalt Hans Walder. Seine Arbeit ist geprägt vom Geist des Kalten Krieges. Die Überwachung von angeblich subversiven Kreisen wird heftig kritisiert, nicht nur von Linken. Für Hohn und Spott sorgt Professor Doktor Walder mit seinem Feldzug gegen die Pornografie. Er lässt tonnenweise einschlägige Literatur und Filme beschlagnahmen.

Beispiel 3: Der Fall mit dem Fall Kopp

«Der Bundesrat hat dem Wunsch des Bundesanwalts stattgegeben, das Dienstverhältnis in gegenseitigem Einvernehmen aufzulösen», so vielsagend schickt Justizminister Arnold Koller am 6. März 1989 Bundesanwalt Rudolf Gerber in die Wüste.

Gerber wurde vorgeworfen, er habe in der Affäre um den Rücktritt von Bundesrätin Kopp versagt, weil er mit einem Verfahren wegen Amtsgeheiminisverletzung gegen Kopp zu lange zugewartet habe.

So haben wir damals darüber berichtet:

Beispiel 4: Die laute Verkäuferin

«Wir haben hängige Verfahren. Meine Nachfolger werden weiterverfolgen und abschliessen», sagt Bundesanwältin Carla Del Ponte am 12. August 1999 als sie zur UNO-Chefanklägerin gegen Kriegsverbrecher berufen wird.

Als Bundesanwältin liebt Del Ponte den theatralischen Auftritt. Mit viel Getöse führt sie ihren Kampf gegen Geldwäsche, Mafia und Drogenhandel. Kritik wird laut, von unproduktiver Hyperaktivität ist die Rede. Zu viele gross angekündigte Fälle fallen in sich zusammen.

Beispiel 5: Der smarte Ehrgeizige

«Ich war und ich bin, jederzeit, auch in der Öffentlichkeit, bereit, Fehler einzuräumen», verteidigt sich Bundesanwalt Valentin Roschacher am 8. Dezember 2004. Pannen, grossspuriges Auftreten, zu wenig Resultate: Die Kritik prasselt auf Roschacher nieder.

Zwei Jahre später wirft er entnervt das Handtuch. Das spektakuläre Verfahren gegen die Hells Angels wird zum Flop. Ebenso die Anklage gegen den Privatbanker Oskar Hollenweger wegen Geldwäscherei zu Gunsten von Drogenkartellen.

Beispiel 6: Der leise Nichtwiedergewählte

Bundesanwalt Erwin Beyeler verfehlt am 15. Juni 2011 im Parlament die Wiederwahl um 5 Stimmen. Der farblose Schaffhauser agiert bei der Aufarbeitung der Altlasten seines Vorgängers Roschacher glücklos.

Beyelers Nichtwiederwahl, so heisst es, sei aber primär Ausdruck einer generellen Unzufriedenheit über Pleiten, Skandale und Intrigen bei der Bundesanwaltschaft gewesen.

Und schon kommt wieder ein neuer: Michael Lauber. Jetzt geht es um sein Schicksal als Bundesanwalt.

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