Die 35-jährige Venera Salihi lebt seit 9 Jahren in ihrer 4½-Zimmer-Wohnung an der Kleinhüningerstrasse im Basler Klybeck-Quartier. Nun muss sie mit ihrer Familie ausziehen. Die Häuser an der Kleinhüningerstrasse 90, 92 und 94 sollen saniert werden. Ende Februar kam es deshalb zur Massenkündigung. 64 Haushalte sind betroffen.
Salihi lebt in ihrer 100-Quadratmeter-Wohnung zusammen mit ihrem Mann, zwei Kindern und der Schwiegermutter. «Mein Sohn weint, wenn wir eine andere Wohnung anschauen. Er wiederholt ständig, dass er seine Freunde doch hier habe», sagt die Fabrikarbeiterin.
Seit der Abstimmung über das neue Mietgesetz im letzten November haben sich in Basel die Streitigkeiten wegen Rendite-Sanierungen gehäuft. 39 Dossiers hat der kantonale Mieterinnen- und Mieterverband derzeit auf dem Tisch. Die meisten sind Sammelklagen – betreffen also Massenkündigungen. «Das sind doppelt so viele wie vor einem Jahr», erklärt Beat Leuthardt, Co-Geschäftsleiter des Mieterverbands Basel. «Es ist naheliegend, dass es mit dem neuen Gesetz zu tun hat. Auch die renditeorientierten Investoren wussten, dass das Gesetz kommen würde. Vorher haben sie noch Sanierungen angemeldet.»
Das neue Gesetz soll Mieterinnen und Mieter in Zeiten der Wohnungsnot besser schützen. Neu gilt für Sanierungen eine zusätzliche Bewilligungspflicht. Die Immobilienbesitzerinnen und -besitzer können ein vereinfachtes Bewilligungsverfahren durchlaufen. Dieses sieht vor, dass die Miete für Wohnungen mit ein oder zwei Zimmern nach der Sanierung maximal 80 Franken höher sein darf, für Wohnungen mit drei Zimmern maximal 120 Franken und für Wohnungen mit vier und mehr Zimmern maximal 160 Franken. Ausgenommen sind Wohnungen in Liegenschaften mit drei oder weniger Wohneinheiten.
Der Basler Hauseigentümerverband hat das Gesetz bekämpft. Wenn der Mietzins nur minimal angepasst werden dürfe, würden auch einfache Sanierungen teilweise (beinahe) verunmöglicht.
«Das Gesetz ist in diesem Punkt so restriktiv, dass die Finanzierung nicht gewährleistet ist. Der Vermieter hat nicht mehr die Sicherheit, dass er seine aufgenommene Hypothek über die neuen Mietzinseinnahmen zahlen kann», erklärt Andreas Zappalà, Geschäftsführer des Hauseigentümerverbands Basel-Stadt.
Für Venera Salihis Familie und die anderen 63 Mietparteien an der Kleinhüningerstrasse kommt das neue Wohnschutzgesetz jedoch sowieso zu spät. Die Eigentümerschaft hat die Sanierung lange vor der Gesetzesänderung beantragt. Doch die Initiative hat Signalwirkung: Auch die Mieterverbände der Kantone Zürich, Bern und Luzern zeigen Interesse am Basler Modell.