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Gespräche gescheitert? Berset lässt die Psychologen schmoren

Seit Jahren möchten sie direkt mit den Kassen abrechnen. Doch der Bund zögert und die Versicherer befürchten Mehrkosten.

Darum geht es: Die Psychologen in der Schweiz kämpfen seit Jahren dafür, dass sie ihre Leistungen direkt über die Grundversicherung abrechnen können. Heute ist das nur möglich, wenn sie bei einem Arzt beziehungsweise Psychiater angestellt sind. Eine Ungleichbehandlung, die den Zugang zur Psychotherapie unnötig erschwere, kritisiert Sabine Schläppi, Geschäftsführerin der Föderation Schweizer Psychologen: «Es gibt eben dieses Nadelöhr bei der Zuweisung. Es kommt zu Wartefristen, weil zu wenig Psychiater da sind, die delegieren.»

Psychotherapie.
Legende: Wer zum Psychotherapeuten geht, zahlt möglicherweise selbst. Hält das viele Leidende ab? Keystone/Archiv

Die enttäuschte Hoffnung: Seit Jahren verhandle man mit dem zuständigen Bundesamt über ein neues Modell, betont Schläppi. Doch nun habe Bundesrat Alain Berset die Gespräche abgebrochen, obwohl die Signale bis zuletzt auf Grün gestanden seien: «Wir sind sehr überrascht. Denn wir waren in einem guten und engen Dialog mit dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) und gingen davon aus, dass nun das Anordnungsmodell konkret ausformuliert werden kann.» Das Gespräch von letzter Woche sei ein herber Rückschlag gewesen.

Das Schweigen des BAG: Die Föderation Schweizer Psychologinnen und Psychologen betrachtet die Gespräche als gänzlich gescheitert. Anders klingt es bei BAG-Sprecher Jonas Montani: «Bisher ist noch kein Entscheid gefallen und die Gespräche laufen weiter.» Mehr will das BAG zum Thema nicht sagen.

Das Anordnungsmodell: Das neue Modell, das auf dem Tisch liegt, wäre ein sogenanntes Anordnungsmodell, wie es auch bei der Physiotherapie funktioniert: Ein Arzt würde die Psychotherapie zwar verordnen, die Psychologen könnten dann aber selbstständig behandeln und direkt abrechnen – via Grundversicherung. So wäre die psychologische Behandlung besser zugänglich. Auch für jene, die die Behandlung nicht selber zahlen könnten oder wollten, findet Schläppi.

Die Warnung der Kassen: Dem Modell stehen die Krankenkassen allerdings kritisch gegenüber. Der Verband Santésuisse befürwortet sogar, dass die Unterscheidung zwischen Ärzten und Psychologen bestehen bleibt. Es sei wichtig, dass ein Arzt die gesamte Behandlung begleite und dass die Psychologen nicht direkt via Grundversicherung abrechnen könnten. «Wir befürchten zusätzlich eine Mengenausweitung in der Psychotherapie, die dann letztlich wieder die Prämienzahlenden berappen müssten», sagt Santésuisse-Sprecherin Sandra Kobelt.

Die Drohung der Psychologen: Das Kostenargument stimme nicht, wehrt sich Schläppi. Insgesamt komme es nicht teurer, wenn psychische Krankheiten nicht rechtzeitig behandelt würden, wie dies heute oft vorkomme. Die Fronten sind verhärtet. Da die Psychologen die Gespräche mit dem Bundesamt als gescheitert betrachten, wollen sie nun ihre Anliegen auf anderem Weg durchsetzen. Sie prüfen, ob sie eine Volksinitiative lancieren oder in einen Streik treten wollen.

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