In kleinen Dörfern ist die Liste der Kandidierenden meist nicht sehr lang, wenn es Sitze im Gemeinderat zu vergeben gibt. Häufig ist sie sogar zu kurz: Immer wieder bleiben Gemeinderatssitze unbesetzt, die betroffenen Gemeinden werden damit handlungsunfähig.
Erst vergangene Woche hat der Kanton Basel-Landschaft das 170-Seelen-Dorf Kilchberg unter Zwangsverwaltung gestellt, weil im dreiköpfigen Gemeinderat ein Sitz über ein Jahr vakant geblieben war. Gleiches widerfuhr im Frühling dem solothurnischen Seewen. Auch der Kanton Uri kennt das Problem, dass in Berggemeinden bei Wahlen zuweilen zu wenige Kandidierende antreten.
Mehr Sitze sollen mehr Kandidierende bringen
Zu wenige Interessenten, um alle Posten zu besetzen – da mag es merkwürdig anmuten, wenn eine Gemeinde zusätzliche Posten schafft. Roggliswil im Kanton Luzern hat nun aber genau dies getan: Die Gemeindeversammlung hat am Montagabend beschlossen, den Gemeinderat zu vergrössern, von drei auf fünf Mitglieder.
Das Kalkül dahinter: Mehr Ämter erfordern zwar mehr Mitglieder – gleichzeitig sinkt aber der Arbeitsaufwand pro Mitglied. Dadurch werde ein Posten in der Gemeindeexekutive attraktiver, sagt Beat Steinmann, Gemeindepräsident von Roggliswil. Denn: «Das Amt als Gemeinderat ist heute schwierig zu bewältigen neben Job und der Familie», sagt er.
Das Amt als Gemeinderat ist schwierig zu bewältigen neben Job und Familie.
Aktuell teilen sich die drei Mitglieder des Roggliswiler Gemeinderats knapp 70 Stellenprozente. «Ein Posten im Gemeinderat bringt aber immer mehr Arbeitsaufwand mit sich als auf dem Papier», sagt Steinmann. Wenn dieser Aufwand nun auf mehr Köpfe verteilt werden könne, steige die Chance, Leute zu finden, die diesen Aufwand leisten könnten und wollten.
Fünf statt drei Sitze: funktioniert tatsächlich
Die Idee des vergrösserten Gemeinderats kam in Roggliswil bereits vor einigen Jahren auf, als es nach Rücktritten schwierig war, neues Personal für das Gremium zu finden. Zumindest im Kanton Luzern folgt das Dorf mit seinen 750 Einwohnerinnen und Einwohnern einem gewissen Trend, sagt Ludwig Peyer vom Verband Luzerner Gemeinden: «Es gibt nur noch wenige Dörfer mit dreiköpfigen Gemeinderäten, viele haben das Gremium in den vergangenen Jahren aufgestockt.»
Das könne tatsächlich ein Mittel sein, um Bürgerinnen und Bürger dafür zu motivieren, in ihrem Dorf ein politisches Amt zu übernehmen. Zumindest konnten seit den Luzerner Gemeindewahlen von 2016 – anders als in anderen Kantonen – stets alle knapp 400 Gemeinderatsmandate besetzt werden.
Ohne politische Kultur im Dorf geht gar nichts
Allerdings sei es mit der Aufstockung alleine nicht getan, sagt Peyer – niedrigere Pensen brächten nicht automatisch mehr Personen dazu, für einen Sitz im Gemeinderat zu kandidieren. Wichtig sei auch eine angemessene Entlöhnung. Und eine gewisse politische Kultur in einem Dorf: «Es braucht immer auch Leute innerhalb der Gemeinde, die die Augen offen haben und mögliche Kandidierende ansprechen und ermuntern, sich zu engagieren».
Es braucht immer auch Leute innerhalb der Gemeinde, die mögliche Kandidierende ansprechen.
Eine politische Kultur, die in Roggliswil offensichtlich vorhanden ist – Gemeindepräsident Beat Steinmann jedenfalls zweifelt nicht daran, dass bei den nächsten Gemeindewahlen 2024 alle fünf Sitze im Gemeinderat besetzt werden können. «Wir haben eine engagierte Bevölkerung, der die Zukunft unseres Dorfes nicht egal ist», sagt er.