Laut der FMH ist die Schweiz zu abhängig vom Ausland. In einem Bericht zur Statistik heisst es, in der Schweiz würden nicht einmal die Hälfte der Ärztinnen und Ärzte ausgebildet, die es jährlich brauche.
Etwa vierzig Prozent der berufstätigen Ärztinnen und Ärzte stammen demnach aus dem Ausland – ein Anstieg um 0.9 Prozent innert Jahresfrist.
Laut Yvonne Gilli, Präsidentin vom Berufsverband der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH), sind es hauptsächlich Spezialärztinnen und -ärzte, die aus dem Ausland kommen. Darunter leidet die Grundversorgung in der Schweiz. Bereits heute könne ein Drittel der Schweizer Hausarztpraxen keine neuen Patientinnen und Patienten mehr aufnehmen, so Gilli.
Auch gemäss Studien , die der Bund in Auftrag gegeben hat, wird es knapp in der Grundversorgung: «In der Hausarztmedizin (…) ist der Bedarf auch mit Zuwanderung nicht oder höchstens ganz knapp gedeckt.»
Das Gesundheitswesen steht unter Druck
Das Problem: Auch in den Nachbarländern herrsche ein Ärztemangel, deshalb würden dort die Arbeitsbedingungen verbessert werden, erklärt Gilli gegenüber SRF. «Die Nachbarländer ergreifen Massnahmen. Wir sehen bereits jetzt den Trend einer Veränderung. Wir brauchen Hausärztinnen und Hausärzte und die müssen in der Schweiz ausgebildet werden», sagt Gilli.
Die hohe Arbeitsbelastung, der Stress und die Bürokratie im Ärzteberuf seien enorm. Dies zeigt eine Umfrage der «NZZ» vom vergangenen Dezember. Demnach arbeiten fast 40 Prozent der Assistenzärzte mehr als 11 Stunden pro Tag (55 Stunden pro Woche). Laut Arbeitsgesetz darf nur in Ausnahmefällen mehr als 50 Stunden pro Woche gearbeitet werden.
Zwar seien die bisherigen Arbeitsbedingungen für Ärzte in der Schweiz bis heute besser gewesen als im Ausland – mehr Wohlstand und bessere Einkommen, so Gilli. Trotzdem befürchtet sie, dass viele Medizinerinnen aufgrund verbesserter Bedingungen in den Nachbarländern künftig gar nicht mehr in die Schweiz kommen würden. «Dies wäre aufgrund der hohen Abhängigkeit der Schweiz dramatisch!».
Massnahmen des Bundes
Die FMH fordert deswegen höhere Studierendenzahlen in der Schweiz. Der Bund hat diesbezüglich bereits gehandelt und eine Ausbildungsoffensive mit 100 Millionen Franken unterstützt. Bis im nächsten Jahr sollen 1300 Ärztinnen und Ärzte der Humanmedizin pro Jahr ausgebildet werden. Im Jahr 2016 waren es noch 900.
Für Gilli jedoch nur ein Tropfen auf den heissen Stein: «Wir haben dank diesem Programm vor zwei Jahren 1100 inländische Arztdiplome erteilt. Aber gleichzeitig haben wir im gleichen Jahr 2700 ausländische Diplome anerkannt.»
Forderung nach flexiblen Arbeitsmodellen und weniger administrativem Aufwand
Die FMH will die Attraktivität des Berufes der Hausärztinnen erhalten und fordert dazu zeitgemässe Arbeitsbedingungen, damit junge Ärzte nach dem Studium im Beruf bleiben – zum Beispiel durch flexible Arbeitsmodelle und einen geringeren administrativen Aufwand.
Es braucht eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Auf die Frage, ob dies nicht zu einer Verschärfung der Lage führen und beispielsweise höhere Gesundheitskosten verursachen könnte, antwortet Gilli: Die Forderungen seien moderat. «Es braucht eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie.»