Vergangenen Mittwoch wollten zwei Zürcher Stadtpolizisten in der Nähe des Grasshoppers-Fanlokals einen Sprayer festnehmen. Gemäss Polizeimitteilung rannten mehrere Personen aus dem Fanlokal heraus und attackierten die Polizisten. Einer der Beamten stürzte zu Boden und wurde dort mit Fusstritten traktiert.
Fangewalt ausser Kontrolle?
Das sei nur das jüngste Ereignis von vielen in dieser Fussballsaison, sagt Johanna Bundi Ryser. Die Präsidentin des Verbands Schweizerischer Polizeibeamter beklagt eine Zunahme der Fangewalt in den letzten Tagen und Wochen. Auf den Fall beim Grasshoppers-Fanclub angesprochen sagt sie: «Solch harte Gewalt gegen Polizisten ist aussergewöhnlich.»
Opfer von Übergriffen sind nicht nur Polizisten, sondern auch die Fans selber. In Zürich treffen regelmässig grosse Gruppen der beiden rivalisierenden Clubs GC und FCZ aufeinander. Dabei kommt es zu brutalen Prügeleien, bei denen auch schon unbeteiligte Fussballfans verletzt wurden. Mehrmals traf es Fussballfans, die nicht zum gewaltbereiten Kern, den so genannten Ultras gehören.
Der falsche Schal reicht für Prügel
Manchmal reicht es nur schon, den Schal der gegnerischen Fussballmannschaft zu tragen, um angegriffen zu werden. Es sei in dieser Saison klar schlimmer geworden, bestätigt der Stadtzürcher Sicherheitsvorsteher Richard Wolff. «Es war viel ruhiger, als der FCZ in der Challenge League gespielt hat.» Seit aber wieder zwei Stadtzürcher Clubs in der obersten Liga spielen, habe man es mit «sehr viel mehr Gewalt» zu tun als zuvor.
Hinzu kommt, dass sich die Fussball-Gewalt zunehmend vom Stadion weg in die Stadt verlagert. Auch eskaliert sie vermehrt an Tagen, an denen gar kein Fussballspiel stattfindet. Fans werden auf dem Arbeitsweg attackiert, Fanlokale werden angegriffen.
Departementsübergreifende Arbeitsgruppe
Dieses Problem könne nicht nur von der Polizei gelöst werden, ist Wolff überzeugt. Der Zürcher Sicherheitsvorsteher gründete deshalb vor einigen Monaten eine neue städtische Arbeitsgruppe namens Orbit, in der neben der Polizei weitere Departemente nach Lösungen suchen.
Dort gebe es viel Wissen, weil man dort traditionellerweise mit Fussballfans in Kontakt stehe. Wolff nennt etwa das Sozial-, das Schul-, oder das Sportdepartement. Man suche nach Massnahmen, damit es zu weniger Gewalttaten komme.
Polizei sieht auch Clubs in der Pflicht
Johanna Bundi Ryser vom Polizeibeamtenverband begrüsst die Bemühungen. Sie findet aber, es müssten nicht nur die Behörden aktiv werden; auch die Fussballclubs seien in der Pflicht. Diese seien zwar aktiv – doch: «Sie könnten viel mehr machen.» So sollten sich die Clubs noch stärker öffentlich von den Gewalttaten distanzieren oder präventive Kampagnen starten, fordert die Polizistin.
Ein erster Schritt in diese Richtung haben GC und der FCZ schon vor einem halben Jahr getan: Nach einem besonders heftigen Gewaltausbruch an einem Zürcher Fussballderby gründeten sie eine gemeinsame Expertengruppe mit verschiedenen Experten aus Polizei, Fussball-Liga und Fanarbeit Schweiz. Die Gruppe sucht mit Fachpersonen aus dem In- und Ausland nach Lösungen, um der Gewaltbereitschaft der Fussballfans zu begegnen.
Ergebnisse würden aber erst zu einem späteren Zeitpunkt kommuniziert, hiess es auf Anfrage bei der Medienstelle der Grasshoppers. Massnahmen würden also frühestens in der nächsten Fussballsaison konkret.