Jürg Grossen, der Parteipräsident der Grünliberalen, will auch im neuen Jahr an die Erfolge von 2020 anknüpfen. Er ist überzeugt, dass seine Partei für die Zukunft gerüstet ist – gerade dank der Kombination von grün und liberal. «Es ist völlig klar, dass man nicht Wirtschaft betreiben kann, ohne den Umweltschutz mitzuberücksichtigen. Das gilt auch umgekehrt. Es gehört zusammen, das haben die Grünliberalen schon vor 13 Jahren gemerkt. Und jetzt merken es langsam auch die Leute.»
Die GLP hat eine Brückenfunktion, die keine andere Partei in der Schweiz hat.
Diese Mischung aus progressiver Umwelt- und Gesellschaftspolitik und bürgerlicher Wirtschaftspolitik helfe den Grünliberalen in der Tat sehr stark, stellt auch Georg Lutz fest, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Lausanne.
Dadurch gelinge es der GLP, Wählerinnen und Wähler von verschiedenen Seiten abzuholen. «Die GLP ist immer wieder attraktiv für Wählende von Links, insbesondere auch von den Grünen, aber auch für Wählende aus der FDP, teilweise auch aus der CVP. Sie hat eine Brückenfunktion, die keine andere Partei in der Schweiz hat.»
Durch die Bürgerlichen unter Druck
Doch es sein keineswegs gesagt, dass das auch so bleibe, betont der Politikwissenschaftler. So könnte die GLP stärker durch die traditionellen bürgerlichen Parteien unter Druck geraten. «Die FDP hatte sich im Wahljahr einen ökologischeren Kurs gegeben und hat offenbar auch vor, das durchzuziehen. Das bedeutet, dass nicht nur die GLP im bürgerlichen Lager das ökologische Alleinstellungsmerkmal hat, sondern Konkurrenz da ist.»
Und auch die neue Mitte-Partei, die aus der Fusion von CVP und BDP entstanden ist und möglicherweise weniger konservativ wirkt als die alte CVP, könnte den Grünliberalen Konkurrenz machen. Dazu komme, dass die GLP sehr stark auf die grösseren Städte fokussiert sei, erklärt Lutz. In Agglomerationen und in ländlichen Gebieten hingegen sei sie weniger stark verankert als zum Beispiel die Grünen. Um langfristig erfolgreich zu sein, müssten auch die Grünliberalen in solchen Gegenden aktiver werden.
Ambivalent ist laut dem Politikwissenschaftler auch, dass die Grünliberalen im Durchschnitt sehr junge Wählerinnen und Wähler haben. «Die Partei hat eine Wählerschaft, die wenig an die GLP gebunden ist. Das hat ihr jetzt Erfolge gebracht. Aber da gibt es auch ein Risiko, dass gerade diese jungen Wählerinnen und Wähler, die wenig Parteibindung haben, möglicherweise auch wieder abwandern, wenn es der Partei nicht gelingt, in der Öffentlichkeit präsent zu sein.»
Bewährungsproben stehen an
Jürg Grossen nimmt als Parteipräsident der Grünliberalen diese Herausforderungen durchaus ernst. Gleichzeitig gibt er sich selbstbewusst und zuversichtlich. «Ich bin überzeugt, dass diese Leute auch bei uns bleiben. Es gibt immer welche, die sich weiterentwickeln und verändern. Aber es ist völlig klar: Die Allermeisten werden mit der GLP ihre politische Heimat gefunden haben und bei uns bleiben.»
Denn die Grünliberalen haben noch viel vor. Nach den Erfolgen bei den letzten Nationalratswahlen möchten sie auch im Ständerat wieder vertreten sein. Und: Sie streben einen Sitz im Bundesrat an. Das ist vorderhand aber Zukunftsmusik. Zuerst muss sich die GLP im Jahr 2021 wieder in verschiedenen Wahlen in Kantonen und Gemeinden beweisen.