Wer kennt sie nicht: Die wilden Himbeeren, Brombeeren, Heidelbeeren, die am Waldrand wachsen und so gut munden. Biologisch gesehen ist dies Wildobst. Früchte und Samen von Pflanzen, die züchterisch nie verändert wurden.
Über dieses Wildobst weiss man erstaunlich wenig – es ist nicht einmal bekannt, wie viele Arten und Sorten man zum Wildobst zählt. Das soll sich ändern: Eine Stiftung baut in St.Gallen die europaweit grösste Sammlung von Wildobst auf.
Auf den zweiten Blick
Der sommergrüne Strauch mit seinen spitz zulaufenden Laubblättern ist so unscheinbar wie die Gartenanlage im Osten der Stadt St.Gallen. Würden nicht bunte Tafeln darauf hinweisen – man würde die Strauch-Hecke übersehen. Hier entsteht gerade die grösste Feldsammlung von Wildobstarten in Europa.
Goji-Beeren aus dem Appenzellerland
Gepflanzt hat sie der Toggenburger Biologe Pavel Beco. Und er hat auch gleich eine Idee für diesen unscheinbaren Strauch: Die Früchte könnte man als «die gesunden Beeren vom Alpstein» verkaufen, denn der Gemeine Bocksdorn, so der richtige Name, wachse auch im Appenzellerland. Im Reformhaus, wo man die Beeren kaufen kann, seien sie aber unter einem anderen Namen bekannt:
Seit einigen Jahren ist diese Pflanze als Goji - die Lebensbeere aus dem Himalaja - bekannt.
Die Pflanze selber sei mit Tomaten und Kartoffeln verwandt, sagt Beco. «Viele sagen der Goji-Beere das Geheimnis der Langlebigkeit nach, die gesündeste Beere der Welt.» Anbauen könne sie tatsächlich jeder selbst im eigenen Garten. «Die Pflanze ist weitgehend problemlos.»
Der Bocksdorn – alias Goji – ist ein gutes Beispiel für Wildobst. Das sind Pflanzen, die zwar in der freien Natur wachsen, züchterisch aber kaum verändert wurden. Solche Pflanzen seien wertvoll – für die Natur, als Lebensmittel, aber auch für das Auge:
«Das Wertvolle ist eigentlich die Kombination des ökologischen Werts – wie Insekten, Vögel, Kleintiere – und dem Wert für die Menschen als gesunde, andere, interessante Nahrung sowie dem Zierwert», so Beco.
Unbekanntes Wildobst
In der Fachliteratur sei über Wildobst wenig dokumentiert, sagt Waltraud Kugler von der Stiftung Save, die sich für die Sicherung der landwirtschaftlichen Artenvielfalt in Europa einsetzt und einen Sitz in St.Gallen hat.
Es hat bis anhin noch niemand an Wildobst geforscht.
Es sei noch nie zusammengestellt worden, was alles in den europäischen Wäldern genutzt worden ist. «Es hat bis anhin niemand wirklich an Wildobst geforscht.» Während drei Jahren haben Waltraud Kugler und Pavel Beco nun alles zusammengetragen, was auffindbar war.
Ein Verzeichnis von über 2000 Sorten
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Das
Inforama Wildobst
ist als Projekt der Save-Foundation entstanden. Es ist die erste umfassende und systematische Übersicht über die Wildobstarten und ihre Sorten in Europa. Die mehr als 280 Arten und über 2000 Sorten auf dieser Plattform geben einen Eindruck von der Vielfalt und Fülle von Wildobst.
Entstanden ist die grösste Datenbank über europäisches Wildobst mit über 270 Arten und 2000 gezüchteten Sorten. Ein Teil davon werde jetzt im St.Galler Wildobst-Garten wieder kultiviert.
Alte Arten wieder im Fokus
Auch die Mispel findet man im St.Galler-Garten. Die Römer hätten sie in die Schweiz gebracht, sagt Beco.
Die Mispel ist hierzulande in Vergessenheit geraten.
«Sie war lange eine beliebte Frucht, weil man sie lange lagern kann, ja sogar lagern muss, denn man muss sie lange nachreifen lassen, bis sie essbar ist.» In den letzten 100 Jahren sei sie aber bei uns praktisch in Vergessenheit geraten, in anderen Ländern aber sei sie immer noch beliebt.
Die Mispel kann man denn auch zum Beispiel eingemacht oder als Konfitüre geniessen. Der Wildobst-Garten in St.Gallen ist also nicht nur für die Biodiversität eine Bereicherung, sondern auch für die Kulinarik.
Save Foundation
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Die Save Foundation wurde 1993 in Wageningen (NL) gegründet mit dem Ziel, die Artenvielfalt in der Landwirtschaft zu sichern. Die Save Foundation steht für den Schutz der Agrobiodiversität innerhalb Kulturlandschaften in ganz Europa. Dabei arbeitet sie mit einer Vielzahl verschiedener lokaler Akteure zusammen, NGOs wie Landwirte. Sie alle möchten die Vielfalt schützen, indem sie Netzwerke stärken, Wissen vermitteln und praktische Unterstützung bieten.
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