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Gotthard-Strassentunnel Mit Reservation gegen den Gotthardstau? Die wichtigsten Antworten

Politiker aller Fraktionen im Urner Parlament verlangen, dass der Bund ein Reservationssystem für den Gotthard-Strassentunnel prüft. Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.

Wie würde ein solches Reservationssystem funktionieren? Wer durch den Tunnel will, müsste sich vorher für einen Zeitpunkt entscheiden und den reservieren, ähnlich wie in einem Restaurant. Diese Reservation soll – zumindest in einem ersten Schritt – gratis sein. Wer dann innerhalb der gebuchten Periode beim Gotthard ankommt, könnte ohne Wartezeit passieren. Wer zu spät ist oder gar nicht gebucht hat, müsste umso länger warten. Die Idee ist, dass sich der Verkehr so von Anfang an besser verteilt, weil die verfügbaren Reservationen beschränkt sind.

Wer eine Reservation hat, müsste am Stau vorbeigelotst werden. Welche Möglichkeiten gibt es dafür? Das ist der grosse Knackpunkt. Kaum möglich sind grosse Parkplätze, wo Autos ohne Reservation warten müssten. Das bräuchte an wenigen Tagen im Jahr sehr viel Platz, der nicht verfügbar ist. Unbedingt vermeiden wollen die betroffenen Kantone, dass der Verkehr auf Hauptstrassen ausweicht, und zum Beispiel in Göschenen vor dem Tunnel wieder auf die Autobahn fährt. Die Transitkantone sind schon heute stark verkehrsbelastet. Denkbar ist eine Teilung der Autobahn: rechts Stau, die Überholspur nur mit Reservation. Hier meldet aber das Bundesamt für Strassen (Astra) Bedenken an. Kritiker sagen deshalb: Gerade, weil der Stau nicht überholt werden könnte, sei das System unrealistisch. 

Wäre dieses Reservationssystem denn rechtlich möglich? Ein kostenloses System wäre wohl grundsätzlich zulässig. Schwieriger wäre es, wenn die besonders begehrten Slots, etwa zu Beginn des Osterwochenendes, verkauft oder versteigert werden sollen, für eine zusätzliche Lenkungswirkung. Denn in der Schweiz sind Strassen grundsätzlich gebührenfrei, mit Ausnahme der Vignette. Das System müsste ausserdem Schweizer Lenkerinnen und europäische Chauffeure gleichbehandeln, damit die Bilateralen eingehalten werden. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit würde das Volk über so ein System abstimmen können.

Ist die Idee eines Reservationssystems am Gotthard politisch realistisch? Aktuell handelt es sich dabei um eine Vision, viele praktische Fragen sind noch ungeklärt. Für Lastwagen wurde ein ähnliches System bereits einmal verworfen – nicht umsetzbar, hiess es damals. Allerdings leiden die Transitkantone vor allem am Gotthard zunehmend unter den Begleiterscheinungen des Transitverkehrs, etwa, wenn Autofahrende wegen Stau auf die Kantonsstrassen ausweichen und diese verstopfen. Im Urner Landrat stehen daher Vertreter aller Fraktionen hinter der Idee, ein solches System zumindest zu prüfen. Damit das Reservationssystem aber politisch überhaupt eine Chance kriegt, muss es wohl so ausgestaltet werden, dass der Verkehr nicht auf andere Alpenübergänge ausweichen kann, wo er frei fliessen könnte.

SRF 4 News, 04.04.2023, 06:00 Uhr

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