Das fordern die Initianten: Geht es nach der Initiative «Zersiedelung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung», soll es nur noch neue Bauzonen geben, wenn woanders mindestens eine gleich grosse Fläche mit vergleichbarer Bodenqualität ausgezont wird. Ausserhalb der Bauzonen sollen nur noch Bauten für bodenabhängige Landwirtschaft oder standortgebundene Bauten von öffentlichem Interesse bewilligt werden. Zudem sollen Siedlungen vermehrt nach innen entwickelt werden – das Bauen also verdichtet werden.
Empfehlung des Ständerats: Eine Mehrheit von 34 Ständeräten lehnt die Volksinitiative ohne Gegenvorschlag ab und schliesst sich so dem Bundesrat und der vorberatenden Kommission an. 2 stimmten dafür, 9 enthielten sich.
Argumente der Mehrheit: Ein Stein des Anstosses ist das schlechte Timing: 2013 hiess das Stimmvolk bereits eine Verschärfung des Raumplanungsgesetzes (RPG) gut. Dieses sieht vor, dass zu grosse Bauzonenreserven verkleinert werden müssen. Seine Umsetzung ist im Gang und zeigt offenbar bereits Wirkung, wie Roland Eberle (SVP/TG) ausführte. Ihm ist die «Totalverhinderungsinitiative», wie er sie in der Debatte in der kleinen Kammer nannte, zu radikal und zu starr.
Es ginge den Initianten darum, das «endliche Gut Boden zu schützen». Doch im Unterschied zum Raumplanungsgesetz würden Bauzonen auf unbegrenzte Zeit «eingefroren». Das schaffe ungleiche Spiesse, kritisierte Eberle. Denn so entstünden sogenannte «Sonnen- und Kellerkinder»: Kantone, die das RPG noch nicht voll umgesetzt hätten, erhielten bei einer Annahme mehr Spielraum. Das erhöhe andernorts den Druck auf die Bodenpreise und führe zu unzulässigen Vor- und Nachteilen. Zudem fehle die Rechtssicherheit, wenn die Regeln mitten in der laufenden RPG-Umsetzung geändert würden.
Die Ratskollegen Werner Luginbühl (BDP/BE) und Damian Müller (FDP/LU) waren sich einig: Die Zersiedelung sei ein Problem, ja, doch dieses werde bereits mit dem Raumplanungsgesetz angegangen. Deshalb – und wegen des faktischen Verbots neuer Bauzonen – lehnten sie die Volksinitiative ab.
Beat Rieder (CVP/VS) hält die «Wohlstandsinitiative», wie er sie bezeichnet, für chancenlos. Er zog den Vergleich zur Eco-Pop-Initiative, die 2014 an der Urne scheiterte. Beide teilten einen radikalen Planungsansatz; das «Null-Prozent-Wachstum». «Es geht um den Stopp der Immigration», erklärte der Walliser. Denn bei zehn Millionen Einwohnern seien die Bauzonenreserven dereinst ausgeschöpft. Die Beschränkung der Bauzonen würde bei einer Annahme der Initiative aber für ewig gelten. Die Kompensation mit Kantonen, die weniger dicht besiedelt sind, hält er für einen «Planungsblödsinn».
Mildere Töne fand Pascale Bruderer-Wyss (SP/AG): Viele Aspekte der Initiative seien unterstützungswürdig. In einem Punkt gehe sie aber zu weit: beim Einfrieren der Bauzonen. Die Kompensation erscheine ihr kompliziert und aufwändig. Und das Ganze werde den aktuellen Bestrebungen der Kantone nicht gerecht, deshalb enthalte sie sich.
Argumente der Minderheit: Robert Cramer (Grüne/GE) sitzt im Initiativkomitee. Das Bauen ausserhalb von Bauzonen sei für ihn eine rote Linie, sagte er. Deshalb habe die Initiative seine Unterstützung. Das Raumplanungsgesetz mache die Initiative nicht überflüssig. Im Gegenteil: Dieses sei lückenhaft. Die Initiative hingegen sei definitiv: Statt einer Neubeurteilung in 15 Jahren würden Bauzonen nie mehr ausgeweitet.
«Das ist radikal, neu, anspruchsvoll und kompliziert umzusetzen», gibt auch Cramer zu, «aber mit etwas Kreativität nicht unrealistisch». Wenn in bestehenden Bauzonen verdichtet gebaut würde, böte dies Platz für 1 bis 1,7 Millionen mehr Menschen, rechnet er vor. Aber bei der Vorlage gehe es letztlich um die Frage: «Wollen wir unser Land weiter zubetonieren oder nicht?»
Die Position des Bundesrats: Bundesrätin Doris Leuthard gab zu: «In der Vergangenheit haben wir nicht immer mit klugen Entscheiden bei der Raumplanung geglänzt. Bei der RPG-Revision aber schon.» Mit der Initiative werde nun erneut Druck aufgebaut. Dabei bräuchten Umsetzungsprozesse Zeit.
«Das RPG, das seit 1. Mai 2014 in Kraft ist, bietet heute schon genügende Grundlagen für Verdichtung und kurze Verkehrswege. Auch die Siedlungsentwicklung nach innen wurde aufgenommen», erklärte Leuthard. Die Umsetzung sei im Gang. Elf kantonale Richtpläne habe der Bundesrat bereits genehmigt. Bis April 2019 haben die restlichen Kantone noch Zeit.
So geht es weiter: Als nächstes befindet der Nationalrat über die Vorlage.