Zwei Drittel der über 80-Jährigen sind zufrieden mit ihrer Gesundheit. Für Gesundheitsminister und Bundesrat Alain Berset ist deshalb klar: «Der grossen Mehrheit geht es gut, sogar sehr gut. Die sind unabhängig und können zu Hause leben. Aber für die anderen, die eine Unterstützung brauchen, müssen wir da sein.»
Die letzten Lebensjahre sind oft geprägt von Krankheiten, die nicht ansteckend sind: Herz-Kreislauf-, chronische Atembeschwerden, Diabetes, Krebs, Demenz oder Probleme mit der Psyche oder dem Bewegungsapparat.
Aufs Positive blicken
Doch Berset plädiert dafür, dass wir unser Bild vom hohen Alter justieren. Er möchte vom negativen Fokus auf Krankheiten und Einschränkungen weg, hin zu einem ganzheitlicheren, positiveren Blick. «Es ist eine grosse Debatte, die eine gewisse Anpassung der Strukturen der Gesellschaft zum Ziel hat», sagt er.
Um das Wohlbefinden und die Lebensqualität im Alter zu behalten, brauche es gute Rahmenbedingungen, eine gesunde Umwelt, aber auch das eigene Zutun. Prävention und Anreize können unterstützend wirken, gerade was den Lebensstil betrifft – also etwa regelmässige Bewegung, das Essverhalten und den Umgang mit Genuss- oder Suchtmitteln.
Altersleitbilder helfen den Gemeinden
Für die Rahmenbedingungen sind Gesellschaft, Bund und Kantone zuständig. Der Kanton Bern zum Beispiel arbeitet eng mit den Gemeinden zusammen, wie Astrid Wüthrich, die Vorsteherin des Alters- und Behindertenamtes, sagt: «Fast alle Gemeinden haben ein Altersleitbild. Neben Gesundheitsversorgung sprechen sie Themen wie Mobilität, öffentliche Sicherheit, Wohnen und so weiter an. Diese Themen sind genauso wichtig wie die Gesundheit.»
Denn das Umfeld, die Möglichkeiten im Alter und die Vorstellungen über das Alter prägen unseren Umgang mit älteren und betagten Menschen, aber auch den Umgang mit dem eigenen Älterwerden.
Langzeitpflege stärken
Aber eines ist klar: Auch ein gesunder Lebensstil und gute Lebensqualität verhindere nicht bei allen, dass sie Pflege brauchen. Gesundheitsminister Berset will deshalb mit der neuen Strategie Gesundheit 2030 die Langzeitpflege stärken und die aktuelle Finanzierung hinterfragen.
In der Schweiz leben viele Seniorinnen und Senioren zu Hause. Ab 85 Jahren nehmen die Eintritte in ein Alters- und Pflegeheim zu. Das Umfeld und die sozialen Kontakte seien zentral für ein gesundes Alter, sagt Markus Leser von Curaviva, dem Verband der Alters- und Pflegheime.
Dabei sollen nicht Gebote und Verbote über allem stehen: «‹Du sollst nicht› ist negativ. Es geht eher darum, herauszufinden, was man gemeinsam tun kann oder was ich für mich tun kann, was mich stabilisiert», so Leser.
Es gehe um Motivation und Freude: Wer psychisch stabil ist, trägt weniger schwer an den körperlichen Einschränkungen, von welchen ältere Menschen sehr unterschiedlich stark betroffen sind.
Rendez-vous vom 17.02.2020