Am Montag hat Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider zu einer Gesprächsrunde eingeladen, um mögliche Sparmassnahmen im Gesundheitswesen zu beraten. Dies passt ins Bild: In der helvetischen Politik sind die Fronten zunehmend verhärtet, Kompromisse oft kaum noch möglich. Umso mehr haben Runde Tische Konjunktur. 2020 gab es in Bundesbern vier davon. Letztes Jahr waren es bereits sieben. Und dieses Jahr bisher ganze neun.
Weitere Beispiele gefällig? Es fehlt am nötigen Wohnraum in den Städten? Bei Volksinitiativen werden Unterschriften gefälscht? Oder eben die Gesundheitskosten steigen zu stark? Stets versprechen sich der Bundesrat oder die Bundeskanzlei die Lösung an einem Runden Tisch. Doch meist ist überschaubar, was an diesen Runden Tischen herauskommt.
So wurde beispielsweise am Runden Tisch zum Gesundheitswesen gestern entschieden, ab 2026 300 Millionen Franken pro Jahr einzusparen. Doch konkrete Massnahmen, wie diese Millionen eingespart werden sollen, wurden keine beschlossen. Dennoch beurteilen Teilnehmerinnen und Teilnehmer die gestrige Gesprächsrunde positiv.
«Vertrauen schaffen»
So sagt Martin Landolt, Verwaltungsratspräsident des Krankenkassenverbands Santésuisse: «Ein Runder Tisch hinterlässt immer etwas: Man lernt sich besser kennen, kann ein Grundvertrauen schaffen. Es bringt etwas, auch wenn man sich nicht immer einig wird.» Und Preisüberwacher Stefan Meierhans ergänzt: «Es ist gut, zusammenzusitzen und einander zuzuhören. Der Runde Tisch ist eine Methode, die vernünftig ist. Deshalb begrüsse ich sie.»
Doch es gibt auch kritische Töne nach Runden Tischen. Etwa diesen Oktober nach dem Gespräch rund um mutmasslich gefälschte Unterschriften bei Initiativen und Referenden. Daniel Graf von der Stiftung für direkte Demokratie betont: «Die Schwierigkeit ist, dass Politik im Parlament stattfindet. Runde Tische bleiben Tische und sind nicht der Ort, wo Entscheide getroffen werden.»
Und heftige Kritik gab es nach den Runden Tischen zur Wohnungsnot, die Bundesrat Guy Parmelin veranlasst hatte. Am Ende gab es zwar einen Aktionsplan. Dieser wurde allerdings fast von allen Seiten kritisiert und die Teilnehmenden waren unzufrieden mit dem Resultat.
«Ausdruck einer Führungskrise»
Das Urteil des Politexperten Michael Hermann fällt deshalb insgesamt negativ aus: «Für mich sind die Runden Tische ein Ausdruck einer gewissen Führungskrise in diesem Land. Der Bundesrat lagert Probleme aus, aber er löst sie nicht.»
Es sei zwar sicher gut, alle Lager einzubinden und den Dialog zu suchen. Aber dies reiche nicht: «Der Effekt von Runden Tischen ist vielfach, dass dann eben nichts passiert. Denn eigentlich müsste der Bundesrat voranschreiten. Es braucht die Führungsstärke der Regierung.»
Alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen: Der Runde Tisch ist also eine guthelvetische Methode der Kompromisssuche, aber keineswegs das Wunderwerkzeug, um politische Probleme zu lösen.