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Meldungen über häusliche Gewalt nehmen zu
Aus 10 vor 10 vom 31.07.2019.
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Häusliche Gewalt «Für viele Frauen gehört die Gewalt zum Alltag»

Allein die Kantonspolizei Zürich rückt täglich zwölfmal wegen häuslicher Gewalt aus. Auch landesweit nehmen die Meldungen zu – besonders jene zur Gewalt an Frauen. Alle zwei Wochen werden in der Schweiz gar eine Frau oder ein Mädchen getötet. Marlies Haller von der Dachorganisation Frauenhäuser Schweiz und Liechtenstein über die Gründe für die Zunahme und die Möglichkeiten zum Schutz der Frauen.

Marlies Haller

Marlies Haller

Vorstandsmitglied der Dachorganisation Frauenhäuser Schweiz und Liechtenstein.

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Marlies Haller ist Sozialarbeiterin und ausgebildet in betriebswirtschaftlichem Management von Non-Profit-Organisationen. Sie ist Vorstandsmitglied der Dachorganisation Frauenhäuser Schweiz und Liechtenstein.

SRF News: Wie spüren die Frauenhäuser die statistische Zunahme von häuslicher Gewalt?

Marlies Haller: Durch Aus- und Überlastung. Die Häuser sind so voll, dass wir kaum mehr reagieren können bei einem neuen Notfall.

Wie erklären Sie sich diese Zunahme?

Es hat schon immer viel häusliche Gewalt gegeben, und die Dunkelziffer ist noch immer sehr hoch. In den letzten Jahren sind aber Fachleute – Ärzte, Polizei, Spitäler etc. – sensibilisierter geworden. Die Betroffenen werden besser informiert und an Fachstellen weitergeleitet, so erklären sich wahrscheinlich auch die höheren Zahlen in der Statistik.

Hat sich die häusliche Gewalt denn verändert in den letzten Jahren?

Die Erfahrung der Frauenhäuser ist, dass die Fälle komplexer geworden sind. Die elektronischen Medien zum Beispiel etwa sind ein grosses Problem: Handys kann man orten und überwachen, und via Social Media weiss man sofort, wo sich jemand aufhält. Das ist für den Schutz der Frauen und der Frauenhäuser eine zusätzliche Gefahr. Zudem gibt es grosse Familiensysteme mit mehreren Tätern, die haben mafiöse Strukturen. Da wird das Machtverhältnis, das zu Gewalt führt, noch stärker aufrechterhalten – und der Schutz für die Frau wird schwieriger, als wenn nur eine Person Täter ist.

Was für Massnahmen werden zum Schutz der Frauen getroffen?

Bauliche Sicherheitsmassnahmen wie Einbruchsicherungen, Alarmanlagen, Kameras etc. an den Frauenhäusern sind verstärkt worden. Und punkto elektronische Medien müssen wir uns immer wieder auf dem neusten Stand halten, wissen, was es für neue Schutzmassnahmen braucht. Die Zusammenarbeit mit der Polizei ist nach wie vor eng, die Polizei hat mehr Spezialstellen geschaffen.

Der Anteil an Migrantinnen ist in gewissen Frauenhäusern höher als der Anteil Schweizerinnen. Weshalb?

Das kann verschiedene Gründe haben. Migrantinnen haben vielleicht ein weniger grosses soziales Netz, wissen weniger, wo sie Hilfe holen können und haben weniger finanzielle Möglichkeiten. Eine Schweizerin mit gutem Budget und Freundinnen kann sich anders schützen und verstecken. Und Faktoren, die zu Gewalt führen oder sie verstärken – etwa Arbeitslosigkeit, Sucht, Armut, Isolation oder fehlende Bildung – können sich bei Menschen mit Migrationshintergrund verstärkt äussern.

Aber: betroffen sind alle, von 0 bis 90 Jahren, egal welcher Herkunft und welchen Bildungsstandes. Von der Professorin über die Schweizer Hausfrau bis zur Migrantin. Bei Letzteren sind die Täter übrigens oft auch Schweizer.

Was bleibt aus Ihrer Sicht zu tun?

Gewalt an Frauen muss ein grösseres Thema werden. Man muss es politisch angehen – mit einer nationalen Strategie und genügend Ressourcen. Es soll behandelt werden wie andere epidemische Themen. Bei Diabetes, Hooligans usw. gibt es nationale Strategien, da helfen alle mit. Häusliche Gewalt kommt zwar häufig vor und ist schrecklich, wird aber meist nur dann zum Thema, wenn etwas Auffälliges passiert. Für viele Frauen ist es aber Alltag.

Das Gespräch führte Bigna Silberschmidt

Frau mit blauem Auge. Symbolbild.
Legende: Von häuslicher Gewalt sind alle Altersstufen und alle sozialen Schichten betroffen. Symbolbild. Keystone

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