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Häusliche Gewalt Überlastete Frauenhäuser müssen auf Hotels ausweichen

Weil viele Frauenhäuser voll sind, werden Betroffene in Hotels untergebracht.

Die Frauenhäuser sind voll. Alle kämpfen mit demselben Problem: zu wenig freie Zimmer, zu viele schutzsuchende Frauen. Ausweichmöglichkeiten gibt es kaum mehr. Die Frauen bei Platzmangel ausserkantonal unterbringen – so wie es bisher gang und gäbe war – geht nicht mehr: Die schweizweit hohe Auslastung macht es fast unmöglich.

In St. Gallen wird das Frauenhaus beispielsweise regelmässig überbelegt. «Sonst hätten wir nicht genug Platz für all die Frauen», sagt die Geschäftsleiterin des Frauenhauses, Silvia Vetsch.

In Bern arbeiten die Beratungsstellen mit gewöhnlichen Hotelbetrieben zusammen. «Wir müssen andauernd Frauen in Hotels unterbringen», sagt die Berner Fachberaterin Verena Siegenthaler. «Unsere drei Frauenhäuser sind nonstop überlastet.»

«Besorgniserregende Situation»

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Im Sommer beurteilte die Dachorganisation Frauenhäuser Schweiz und Liechtenstein (DAO) die Situation als «besorgniserregend»: Die Frauenhäuser im ganzen Land hätten kaum mehr freie Plätze, Besserung sei keine in Sicht.

Mitte Oktober forderte die bernische Opferhilfe vom Kanton mehr Unterstützung. Dieser führt ab Anfang 2023 eine neue Opferhilfestrategie ein.

Zusätzliche Mittel werde es dabei keine geben, teilt die Gesundheitsdirektion mit. Vielmehr sollen die Strukturen verschlankt werden. «Langfristig führt das zu mehr Kapazitäten in den Frauenhäusern», ist der Kanton Bern sicher.

Immer wieder rufe die Opferhilfe an, gibt eine Berner Hotelleitung an. «Manchmal kommen drei Frauen pro Woche, dann wieder nur eine oder auch mal niemand. Manchmal mit Kindern, manchmal ohne.» Das Hotel ist eines von gut einem Dutzend, die der Opferhilfe Hand bieten und regelmässig Frauen aufnehmen. Um die Frauen zu schützen, bleibt der Betrieb anonym.

Immer mehr, immer länger

Wegen des Platzmangels in den Berner Frauenhäusern mussten allein in den Monaten Juli und August rund zwanzig Frauen in Hotels untergebracht werden. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es in der gleichen Zeitspanne vier Frauen. «Es hat deutlich zugenommen, und wird auch nicht plötzlich wieder abnehmen», ist Verena Siegenthaler überzeugt.

Schatten von Menschen, die eine tätliche Auseinandersetzung haben
Legende: Von Gewalt betroffene Frauen finden im Kanton Bern in Biel, Thun und Bern Unterschlupf. Insgesamt stehen 19 Zimmer mit 41 Betten sowie ein Notfallzimmer zur Verfügung. Keystone/MAURIZIO GAMBARINI

Es werden aber nicht nur immer mehr Frauen in Hotels untergebracht, sie bleiben auch immer länger dort – mittlerweile oft bis zu einer Woche. «Das ist problematisch», so Fachberaterin Siegenthaler. Die Sicherheit sei nicht gewährleistet. Denn: Anders als das Frauenhaus ist das Hotel ein öffentlich zugänglicher Ort.

Sicherheit gefährdet, keine Betreuung

«Diskretion ist das A und O», heisst es vonseiten des Berner Hotelbetriebs. «Wir behandeln die Frauen wie normale Hotelgäste und fragen nicht weiter nach.» Nicht, weil man sich nicht für die Frauen interessiere, sondern um sie nicht zu gefährden. Weniger Informationen bedeute mehr Sicherheit für die Frauen. «Das Personal weiss, dass es auch daheim nichts erzählen darf. Keine Bemerkung, unter keinen Umständen.»

Frauenfüsse, im Hintergrund Schuhe und eine Koffer
Legende: Eigentlich als Übergangslösung gedacht, bleiben schutzsuchende Frauen und ihre Kinder oft eine Woche oder länger im Hotel. Erhalten Betroffene einen Platz in einem Frauenhaus, bleiben sie im Schnitt 40 Nächte dort. Das zeigen Zahlen aus dem Kanton Bern. GettyImages/GCShutter

Problematisch an der Hotelplatzierung, vor allem wenn sie länger dauert, ist gemäss Verena Siegenthaler auch die fehlende Betreuung: «Diese Frauen sind in einer prekären Situation und bräuchten dringend eine Ansprechperson.» Die Frauen würden zwar einmal pro Tag telefonisch kontaktiert, aber: «Die wirklich dringenden Fragen können bei einer Hotelplatzierung nicht geklärt werden.»

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 25.11.2022, 17.30 Uhr ; 

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