Beim 33-jährigen Unternehmer Lior Etter dreht sich alles ums Wasser. Mit seinem Bruder Morris gründete er vor elf Jahren die Nichtregierungsorganisation «Wasser für Wasser». Den Grundgedanken beschreibt er heute in seinem Luzerner Grossraumbüro wie folgt: «Die Schweiz ist bekannt als Wasserschloss Europas mit grossen Reserven, während viele Menschen in der Welt keinen gesicherten Zugang zu Trinkwasser haben.»
Es geht darum, dem Leitungswasser einen Wert zu geben, damit es für Wasser anderswo arbeiten kann.
So sei die Idee entstanden, dem Leitungswasser einen Wert zu geben, um damit dem Wasser anderswo ebenfalls einen Wert zu geben, erklärt Etter: «Das Wasser arbeitet für das Wasser. Du trinkst Wasser und gibst Wasser.»
Die Gastronomie ist für die beiden Brüder ein wichtiger Pfeiler, um diese Idee umzusetzen. Sie liefern Gastrobetrieben Karaffen, in denen Wirte – neben dem Mineralwasser der Getränkelieferanten – den Gästen auch Leitungswasser verkaufen können. In diesem Fall würden 100 Prozent der Wassereinnahmen für Wasserprojekte in Sambia und Mosambik gespendet, sagt Etter.
Verzichtet ein Gastrobetrieb komplett auf Mineralwasserflaschen und setzt nur noch auf Leitungswasser, entgehen dem Restaurant auch die Margen aus dem Mineralwasserverkauf. Entsprechend sinkt dann auch der Beitrag für «Wasser für Wasser».
Anfangsschwierigkeiten
Anfänglich stiess das Projekt auf einigen Widerstand. Gastrobetriebe fürchteten generell um ihre Margen. Die Kundschaft ihrerseits wollte das Leitungswasser, da selbstverständlich, gratis haben.
Mittlerweile machen in der Schweiz aber rund 700 Betriebe bei «Wasser für Wasser» mit: Gastrounternehmen, aber auch solche, die ihrer Belegschaft bewusst Leitungswasser anbieten und im Gegenzug die Organisation mit Beiträgen unterstützen.
Das 20-köpfige Team um Lior Etter macht in der Luzerner Zentrale einen jährlichen Umsatz von rund zweieinhalb Millionen Franken. Die Erträge fliessen in die ausländischen Trinkwasserprojekte.
Urbane Ballungsräume als wichtiges Tätigkeitsfeld
In Sambia ist laut Etter ein fast gleich grosses Team wie in der Schweiz aktiv. Dieses bilde vor Ort Fachleute in der Wasserwirtschaft aus und unterstütze in den Städten die lokalen Anbieter beim Aufbau der Trinkwasserversorgung.
Dies sei eine schwierige Aufgabe, erklärt Etter und verweist auf die oft rasch entstehenden neuen urbanen Ballungsräume, die mit Wasser versorgt werden müssten. Die gute Versorgung mit Leitungswasser komme vor allem auch den Frauen und Mädchen zugute, die in die Wasserbeschaffung stark involviert seien, betont er: Umso näher das Wasser an den Haushalten sei, desto mehr Zeit bleibe für Bildung und wirtschaftliche Aktivitäten.
Wasserprojekte sind Jahrhundertprojekte
Am Ziel sei «Wasser für Wasser» noch lange nicht, bilanziert Etter. In der Schweiz brauche es noch viel Aufklärungsarbeit, auch über den ökologischen Wert von Leitungswasser. Bei den Projekten in Afrika sei der Aufbau von Trinkwasserversorgungen ein Jahrhundertprojekt.
«Die Wasserstadt Luzern entstand auch nicht über Nacht. Es musste viel investiert werden und Menschen arbeiteten während Jahrhunderten daran», so Etter. Das funktioniere nur, wenn Ökologie und Ökonomie nicht gegeneinander ausgespielt würden, sondern Hand in Hand arbeiteten – so das Credo des Luzerner Wasserunternehmers.