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Hausärzte-Mangel Ohne Massnahmen fehlen bald Tausende Allgemeinärzte

Ein Kurzfilm soll Studierende für das Fach begeistern. Doch der Spot allein wird nicht reichen, die Lücke zu schliessen.

Darum geht es: Vor vier Jahren hat Gesundheitsminister Alain Berset die Hausärztinnen und -ärzte finanziell bessergestellt. Doch das reicht nicht, damit es künftig genügend medizinische Grundversorger in der Schweiz gibt. Deshalb hat die zuständige Fachgesellschaft (SGAIM) jetzt einen kurzen Werbefilm lanciert. Botschaft: «Nicht für jedes Problem braucht es einen Spezialisten». Damit sollen Studierende der Medizin angesprochen und ermutigt werden, sich zum Hausarzt ausbilden zu lassen.

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Der Film allein wird nicht reichen: Schon immer brauchte es für die gesundheitliche Grundversorgung besonders viele Ärzte der Allgemeinen Inneren Medizin, wozu auch die allgemein praktizierenden Hausärzte gehören. Doch jetzt kommt noch ein weiterer Faktor hinzu: «Die Bevölkerung altert und wird im Alter immer kränker», sagt Drahomir Aujesky, Klinikdirektor der Allgemeinen Inneren Medizin am Berner Inselspital. Es brauche deshalb noch mehr Generalisten, die sich um diese Patienten kümmerten.

Mehr Studienplätze für Medizin: Der Bund hat den zusätzlichen Bedarf an Medizinern schon vor einigen Jahren erkannt und mehr Geld für die Ausbildung zur Verfügung gestellt. So sollen ab 2025 jährlich 1350 Ärzte ihre Ausbildung abschliessen, 2016 waren es bloss deren 900. Allerdings gibt es keine Garantie, dass der Ärzte-Nachwuchs in die Allgemeine Innere Medizin geht – sei es an einem Spital oder in einer Praxis. Viele Jungärzte zieht es nach wie vor in die Spezialisierung, dort verdient ein Arzt meist auch mehr. Die SGAIM rechnet für das Jahr 2025 denn auch mit einem Mangel von 5000 Internisten und Hausärzten – falls nichts unternommen wird.

Symbolbild: Arzt blickt Patientin in den Mund.
Legende: Ohne weiteren Effort fehlen bis 2025 5000 Allgemeinärzte der Inneren Medizin. Keystone Archiv

Anpassungen an die veränderten Umstände: Um die Allgemeine Innere Medizin attraktiver zu machen, sollten die Kantone entsprechende Weiterbildungen gezielter fördern, fordert Dr. Aujesky vom Inselspital. Auch sei die eigene Fachgesellschaft in der Pflicht, um möglichst attraktive Arbeitsmodelle und Karrierepläne zu erarbeiten. Denn er weiss: «Die Work-Life-Balance spielt heute eine grosse Rolle.» Weiterbildungen sollten beispielsweise weniger strikt vorgegeben werden, sondern modular in Teilzeit-Pensen und mit möglichst wenig administrativem Aufwand absolviert werden können.

Hausarzt-Ausbildung im Trend: Eine Weiterbildung zum Facharzt Allgemeine Innere Medizin kann nach dem Staatsexamen entweder in Richtung Spital-Internist oder in der zur Praxis-Internistin respektive Hausärztin stattfinden. In Bern etwa stellt man fest, dass die Ausbildung in Richtung Hausarzt sehr gefragt ist. Früher habe kaum jemand Hausarzt werden wollen, die Ausbildung habe als wenig attraktiv gegolten, sagt Sven Streit, der beim Institut für Hausarzt-Medizin für den Nachwuchs und das Vernetzen zuständig ist. «Heute ist das ganz anders.»

Ärztegemeinschaften als neue Form: Streit stellt fest, dass eine neue selbstbewusste Generation von Hausärztinnen und Hausärzten herangewachsen ist. Diese sähen sich nicht mehr als Einzelkämpfer, sondern schlössen sich in Gruppenpraxen zusammen. In der Hausarzt-Medizin ist also bereits einiges erreicht worden. Dies müsse nun auch in der Allgemeinen Inneren Medizin im Spital passieren. Den Schlüssel zum Erfolg sieht Hausarzt Streit wie der Berner Klinikdirektor Aujesky in der Weiterbildung.

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