- Isabelle Moret, Ignazio Cassis und Pierre Maudet haben die erste Tranche der Fraktions-Hearings hinter sich. Die drei FDP-Bundesratskandidaten traten am Nachmittag vor die Vertreter der SVP, der CVP und der Grünen.
- Die SVP hat sich dabei mit 45 Stimmen klar für Cassis als Bundesrat ausgesprochen. Moret erhielt 11 Stimmen. Maudet habe schlecht abgeschnitten, hiess es.
- Die CVP will erst am nächsten Dienstag über eine allfällige Fraktionsempfehlung entscheiden, würdigte aber die Qualität aller drei Kandidaturen.
- Die Grünen gelangten noch zu keiner definitiven Empfehlung. Isabelle Moret bewege sich aber auf gleichem Niveau wie die anderen, sagte Fraktionspräsident Balthasar Glättli.
Als erster verliess Cassis die Befragungsrunde der SVP-Fraktion – laut SRF-Bundeshausredaktor Christoph Nufer «extrem angespannt und durch ein Meer von Kameras». Nach dem anschliessenden Hearing bei den Grünen gab er lediglich zu Protokoll, die Stimmung sei «freundlich» gewesen. Nach dem dritten und letzten Hearing zeigte er sich souverän und locker. Wie beim Joggen sei es, mit der Zeit komme man im Fahrt, so Cassis.
Moret wirkte zwischen den ersten beiden Hearings eher angespannt. Ohne ein Wort ging sie an den Journalisten vorbei. Nach dem Abschluss ihrer Anhörungen schien jedoch auch sie erleichtert: «Das war für mich eine sehr gute Erfahrung.»
Maudet sprach nach der Befragung durch die SVP seinerseits von einem «interessanten Austausch». Er freue sich auf eine mögliche, künftige Zusammenarbeit.
Ähnliche politische Profile
Die Positionen der Waadtländerin, des Tessiners und des Genfers unterscheiden sich inhaltlich nur in Nuancen. Umso wichtiger waren unter diesen Umständen die heutigen Hearings – und umso hartnäckiger haben die Fraktionsmitglieder ihnen wohl auf den Zahn gefühlt. In einer Woche stehen die Hearings mit den übrigen Fraktionen an.
SVP stellt sich hinter Cassis, Maudet ohne Rückhalt
Die SVP äusserte sich als erste der drei Parteien zum Ablauf der Hearings. Die Fraktionsmitglieder stimmten darüber ab, welchem Kandidaten sie ihre Stimme geben würden. Laut Adrian Amstutz, Fraktionspräsident der SVP, erhielt Cassis 45 Stimmen und Moret 11. Maudet habe im ersten Wahlgang eine Stimme gemacht und nachher «schlecht abgeschnitten», sagte Amstutz. Er begründete die vielen Stimmen für Cassis damit, dass dieser Tessiner ist.
Die Stimme aus dem Tessin hat die Schweiz zugute. Das macht uns ja auch stark.
CVP und Grüne halten sich noch bedeckt
Alle drei Kandidaturen seien positiv aufgefallen, man sei der FDP dankbar für die Auswahl, erklärte CVP-Fraktionspräsident Filippo Lombardi: «Sie haben komplementäre Profile und sind alle drei absolut wählbar.» Über eine allfällige Wahlempfehlung will die Fraktion am kommenden Dienstag entscheiden. Traditionell habe die CVP bisher bei Tickets nie eine Empfehlung abgegeben. Die CVP anerkenne aber das Niveau der Kandidaturen, werde innerhalb des Tickets wählen und lehne wilde Kandidaturen ab.
Sie haben komplementäre Profile und sind alle drei absolut wählbar.
Auch die Grünen gaben noch keine Wahlempfehlung ab. Lauf Fraktionspräsident Balthasar Glättli soll nun die Zeit bis zur Bundesratswahl genutzt werden, um die Aussagen der drei Kandidaten zu überprüfen. «Es gibt bei allen drei Kandidaten Positionen, die uns keine Freude machen. Doch wir wählen einen FDP-Bundesrat, eine FDP-Bundesrätin und keinen Grünen», so Glättli. Laut Glättli haben sich alle Kandidaten gut präsentiert. Speziell betonte er, dass auch Isabelle Moret einen guten Auftritt gehabt habe. Dies sagte er, weil man in den Medien das Gegenteil gelesen habe.
Es gibt bei allen drei Kandidaten Positionen, die uns keine Freude machen. Doch wir wählen einen FDP-Bundesrat und nicht einen Grünen.
Letzte Chance für Maudet, sich vorzustellen
Cassis und Moret sitzen seit über zehn Jahren im Nationalrat. «Bei diesen beiden sind die Meinungen schon gemacht», sagte SRF-Bundeshauskorrespondent Philipp Burkhardt vor dem Hearings. Daher seien die halbstündigen Auftritte vor den Fraktionen für Maudet am wichtigsten. Ihn kenne man noch nicht. «Es ist seine letzte Chance, sich bekannt zu machen und Stimmen zu ergattern.»
Die Chancen, den Ausgang der Wahl damit tatsächlich noch zu beeinflussen, sind laut Burkhardt allerdings sehr begrenzt. Denn die drei Kandidaten haben in den letzten Wochen unzählige Interviews gegeben, sind von den Medien schon zu den wichtigsten Themen befragt worden. «Inhaltlich sind in den Hearings kaum mehr Überraschungen möglich. Man wird deshalb vor allem darauf achten, wie sich die drei Bundesratskandidaten verhalten, wie sie unter Stress agieren, wie magistral sie auftreten und ob sie sich selber bleiben.»
Die zweite Tranche der Fraktions-Hearings – vor SP, BDP und GLP – steht am kommenden Dienstag auf dem Programm. In den nächsten Tagen sind zudem mehrere Anhörungen bei Verbänden geplant. Die Bundesratswahl für den zurücktretenden Didier Burkhalter findet am 20. September statt.